Red Chamber (geschlossen seit Juli 2019)
Wir vier hungrigen Genießer hätten sofort stutzig werden sollen. Im
Restaurant, einem ehemaligen Bankgebäude, saß am frühen
Freitagabend so gut wie keine Laufkundschaft. Beinahe alle Gäste hatten
Ende Mai 2018 offensichtlich dieses wohlklingende Menü des Weinhändlers
Rindchen (49,- €, inklusive 3 Gläser Wein) gebucht:
Amuse
2017 Côtes du Rhône Blanc Reserve des Armoiries
Fünf verschiedene Seafood-Tapas
Austern, Schwertmuscheln, Kaisergranat, Thunfischtatar, Gartenspinat
Zitronensorbet
2015 Cairanne "Les Trois Terroirs", Côtes du Rhône Villages, Domaine
Boisson
(wird leicht gekühlt serviert)
Vier verschiedene warme Tapas
Mao’s Favorite: Geschmorter Bauch vom Susländer Schwein,
Mouthwatering Chicken: Gedämpftes Hühnerfleisch mit Chilisauce
Auberginen-Tempura und Calamari-Tempura
2016 Sablet, Côtes du Rhône Villages, Bertrand Stehelin
Feine Rinderstreifen vom Teppanyaki mit gegrilltem Spargel und
Kräutersaitlingen
Crème brûlée
Das fußläufig vom Rathaus erreichbare Red Chamber wirkte keinesfalls
ungemütlich, ist allerdings nur mit schlichtesten Holztischen und -
stühlen ausgestattet. Die jugendliche Bedienung agierte freundlich und
ein wenig unsicher.
Amuse
Hübsch arrangiert kamen die Speisen dann auf den Tisch, überzeugten aber
tatsächlich nur optisch. Einzig die Austern (für jeden eine) waren
knackefrisch und das Gemüse halbwegs originell. Thunfischtatar enthielt
wenig Thunfisch, Kaisergranat schmeckte matschig-wässrig wie unsachgemäß
aufgetaute Tiefkühlware - dazu passte der charakterlose Blanc Reserve
des Armoiries vom Vorjahr bestens.
Von den vier warmen Tapas brachte allein der kalte Schweinebauch eigenes
Aroma mit, beim immerhin knusprig panierten Rest musste es Kikkomans
Soyasauce tun. Die Chilisauce zum gedämpftem Hühnerfleisch kam uns wie
leichter Ketchup vor:
"Feine Rinderstreifen vom Teppanyaki", also vom heißen Tischgrill,
sollte der Hauptgang beinhalten. Leider stand weder ein solcher Grill in
Sichtweite noch war das Fleisch heiß. Schmale, bemerkenswert feste
Streifen offenbar unmarinierten und wahrlich nicht sonderlich schieren
Rindfleisches lagen knapp unter Zimmertemperatur auf dem Teller, umgeben
von weichen Pilzen und Spargel (gegrillt?):
Zu diesem Gang tröstete wirklich nur der ausdrucksvolle Rotwein ('Sablet'),
übrigens der einzige annehmbare Tropfen an diesem Abend.
Unser Nachtisch in Form einer Crème brûlée ("asiatische Eßkultur"?), die
im Inneren eine gewisse Kühlschrankkälte mitbrachte und ansonsten
hinsichtlich ihrer festen Konsistenz dem Vanillepudding meiner Oma
entsprach, erfreute den geplagten Gaumen wenigstens mit vollem, rundem Aroma:
Red Chamber ist wohl ein brüderlicher Ableger des Wandsbeker
Ni Hao, reicht aber bei weitem
nicht an dessen Klasse heran. Damit ich recht verstanden werde: Das Menü
war nicht ungenießbar, aber doch hoffnungslos überteuert und passte
nicht ansatzweise zum hehren Anspruch des Hauses ("Hochwertige Qualität
aus besten Produkten, gemeinschaftlicher Genuss, harmonisches
Miteinander und kulinarische Vielfalt – das sind die Maximen des Red
Chamber").
Red Chamber
Schauenburger Str. 49
20095 Hamburg
geschlossen!