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Restaurantkritiken für Hamburg und die
umliegenden Provinzen |
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NI HAO
Dieses Restaurant war
lange Jahre aufgrund versteckter Lage nur ein Geheimtipp; besonders
geschätzt wegen des immer sehr frischen Gemüses und der liebevollen
Tellerdekorationen. Inzwischen ist man umgezogen, hat viel Platz, die
Karte deutlich gekürzt und würzt wesentlich deutlicher - da fühlt sich
jemand zu höherem berufen.
Tintenfisch wird hübsch geschnitzt, der Red Snapper ist hervorragend. Wenn in der Karte 'scharf' steht, so ist das
niemals scherzhaft gemeint. Sehr empfehlenswert und pfeffrig ist aus
diesem Bereich das Rinderfilet nach Szechuan-Art. Nicht weniger köstlich
das 'Entenfleisch mit frischen Frühlingszwiebeln, roten Zwiebeln und
Szechuanpfeffer aus dem Wok' und zudem mit rund 14,- Euro angemessen
bepreist. Aber eben nichts für weichborstenzahnbürstende Weicheier mit
übersensibler Zunge.
Bemerkenswert finde ich die Weinauswahl, der chinesische Chardonnay passt besonders gut zu Fischgerichten. Die Bedienung ist freundlich und professionell, zum Abschluss werden mit einer Würstchenzange warme, lavendelgetränkte Handwaschlappen gereicht und zur Rechnung große Pfefferminzbonbons in Talerform. Ein Besuch lohnt immer, ein Blick auf die Vorspeisenkarte auch! Hier Fotos vom Sylvestermenü 2008:
In letzter Zeit (1. Jahreshälfte 2010) gibt es deutliche Schwächen beim Mittagstisch: Kellner verwechselten oder vergaßen Bestellungen, auch der Koch schien nicht der gleiche zu sein wie abends, jedenfalls war er schlechter. Bleibt zu hoffen, dass es sich nur um ein temporäres Formtief handelt. Immerhin war dieser Laden der einzige Chinese, der im Gault Millau Erwähnung fand - wäre schade drum. ---
Im Herbst 2012 schien es uns angemessen, einmal das Pekingenten-Menü zu versuchen. Dieses Gericht wird gern mit reichlich Brimborium serviert, und so wurde auch hier die ganze Ente mit einer brennenden Wunderkerze an den Tisch gerollt und sogleich kunstvoll tranchiert.
Eine gut gelaunte und freundliche Vietnamesin demonstrierte sodann, wie man kleine Pfannkuchen mit Hoisin-Sauce beschmiert, mit Paprika- und Gurkenstiften sowie einem Stückchen Fleisch belegt und das Ganze zusammenwickelt. Dieser Gang bereitete großes Vergnügen, sehr zartes und vor allem saftiges Fleisch, knusprige Haut und eine wunderbare Fettschicht darunter hätten besser kaum ausfallen können. Mit einem kräftigen 2007er Shiraz dazu (29,- / Flasche) waren wir gut bedient und hochzufrieden.
Die Zufriedenheit legte sich etwas, als eine dreiviertel Stunde nach dem letzten Bissen der zweite Gang noch immer nicht in Sichtweite kam. Das Restaurant war voll ausgebucht und der Service bewegte sich gerade noch diesseits des Laufschritts. Die nette Vietnamesin kam an den Tisch und ließ uns lächelnd wissen, dass es ja nicht um Geschwindigkeit, sondern um Genuss ginge. Hm. Eine gute Stunde war vergangen, als schließlich "im Wok gebratenes Entenfleisch mit Chili, roten Zwiebeln und Lauchzwiebeln" auf dem Tisch stand und reichlich für die Wartezeit entschädigte. Wir wurden vor der Schärfe gewarnt, aber sie hielt sich in angenehmen Grenzen. Wer es kräftig-aromatisch mag, hat an diesem Teller - den es auch als Einzelgericht zu bestellen gibt - sicher seine Freude.
Etwas milder fiel das
Entenfleisch mit Knoblauchsauce aus. Überhaupt fällt die gute Qualität
der Enten hier auf, kein Vergleich zu dem Trockenholz bei vielen
Billig-Chinesen.
Der andere wird "Obst der Saison" genannt, was in diesem Fall einen bunten Teller meinte, auf dem ein Stück unreife, knallharte Melone neben einem Abschnitt geschmacksfreier Drachenfrucht ruhte und das mit einer Kugel Eis samt entsetzlicher Sahne aus der Sprühdose seine krönende Ergänzung fand. Ein schlechter Scherz.
--- Im November 2013 hat sich inhaltlich am Menü 'Pekingente' wenig geändert - nur die Suppe wurde jetzt zum zweiten Gang. Sie war dieses Mal auch deutlich würziger und schärfer als noch 2012. Aus Erfahrung klug geworden, bestellten wir statt Obst und Eis lieber gebackene Banane zum Nachtisch. Als es dann so weit sein sollte, teilte uns die außerordentlich (!) freundliche Bedienung jedoch mit, dass die Küche für gebackene Bananen noch rund 45 Minuten brauchen würde - so wählten wir das erfrischende Kokoseis, direkt in einer Kokosschale serviert. Die einzelnen Gänge
(Entenfleisch in Limonensauce / in Chili / in Knoblauchsauce) erwiesen
sich als zwar nicht sonderlich liebevoll angerichtete, aber doch
wohlschmeckende (Limone eher sanft, Chili natürlich scharf)
Köstlichkeiten. ---
Im
November 2014 hatten wir nur Zeit für einen
kleinen Mittagstisch. Der erwies sich, um es schon vorweg zu sagen, als
wirklich bemerkenswert gut und ausgesprochen günstig. Letztere
Eigenschaft ist vermutlich den vielen billigen asiatischen Anbietern in
der näheren Umgebung (Hung, Bok etc.) zu verdanken.
Die Einlage bestand
neben Gemüse aus ein wenig Hühnerfleisch und viel Eierstich.
Interessant, das galt man in der deutschen Küche wohl 1964 als letzter
Schrei. Was sich jetzt so kritisch liest, war insgesamt aber doch sehr
lecker.
Die Stückchen lagen in
einem Bett aus knackigen Mungobohnensprossen und Pak Choi und waren,
nachdem wir sie mit der süßlich-kräftigen braunen Tunke benetzt hatten,
wirklich eine einzige Köstlichkeit. --- Im Dezember 2015 und im Oktober 2018 versuchten wir noch einmal das gleiche Pekingenten-Menü wie 2012 und 2013 - und siehe da, alles hat sich zum Guten gewandelt: Obwohl das Restaurant in der Vorweihnachtszeit bis auf den letzten Platz ausgebucht war, agierte der Service sehr flott und umsichtig, und insbesondere die Suppe hat ihre pfeffrige Qualität behalten. Zudem wurde in diesem Jahr reifes Obst als Nachtisch serviert. Insgesamt ein ausgezeichnetes Preis- Leistungsverhältnis, trotz der inzwischen fälligen 32,90 € pro Person! ---
Ein leeres Restaurant ist ein Trauerspiel - in Coronazeiten 2021 aber wohl unvermeidlich. Immerhin gab es Pekingente to go - wenngleich nicht in der gewohnten Qualität, aber zum gewohnten Preis. Statt der gewohnten knusprigen Entenhaut gab es ziemlich schlabbrige Entenfilet-Stücke, die erst nach nochmaligem Aufbraten genießbar waren:
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Im November 2021 waren ja wieder Restaurantbesuche möglich und wir haben uns sogleich an der Peking-Ente versucht. Wie üblich in vier Gängen für momentan 35,- € pro Person. Dazu passte ein freundlich kalkulierter Chianti Classico Panzanello (2016) zum Preise von 38,- € pro Flasche.
Die Entensuppe war wie immer etwas dünn und langweilig, aber immerhin mit saftigen Pilzen aufgemöbelt worden. Das Entenfleisch mit Chili und roten Zwiebeln erfreute ebenfalls wie immer mit Vollmundigkeit und anregender Schärfe - ein paar Mitesser fanden allerdings die geröstete mit Zitronensauce (die Speisekarte vermerkt Orangensauce) verführerischer:
Ohne Tadel auch die geröstete Ente mit bemerkenswert würzigen Kräuterseitlingen.
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Im Februar 2024 war es hier wie seit Jahren
bekannt und geschätzt - nur teurer war alles geworden, seit 2014 hat
sich der Preis für den Mittagstisch in etwa verdoppelt (damals rund 8,-
€).
Weniger erfreulich fanden wir den Shiraz (8,50 €), der zwar mit
kräftiger Nase daherkam, auf der Zunge allerdings nur wie ein sehr
milder Merlot landete.
Anders sah es bei der optisch ansprechenden Ente aus, die hoffnungslos übergart serviert wurde und eine geradezu leimige Textur mitbrachte - das kann die Küche wirklich besser, ebenso wie die braune, quasi geschmacksfreie Hoisin-Sauce:
NI HAO Internet Wandsbeker Zollstraße 25 - 29 Tel. 040 - 65 20 888
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