Osteria Tarantino
Ich weiß nicht, wie oft wir schon mit dem Auto an diesem Ecklokal an der
Ahrensburger Straße/Ecke Nordmarkstraße vorbei gefahren sind und wie oft
ich gedacht habe, dass man diesen Italiener auch einmal ausprobieren
sollte. Irgendwie wirkte das Lokal nicht einladend. Warum auch immer,
wir hatten dieses kleine Restaurant bisher völlig grundlos gemieden.
Wir kamen unangemeldet in dieses winzige Lokal, das an einem schlichten
Montagabend nur zur Hälfte besetzt war und, wie mir schien, mit
Stammgästen.
Bezüglich der bereits schon vom Äußeren her nicht so einnehmenden Optik,
ich könnte noch nicht einmal genau sagen, was mich stört, ging es mir
leider mit der Inneneinrichtung nicht anders. In dem kleinen Restaurant
war alles tiptop, aber es traf irgendwie nicht so richtig meinen
Einrichtungsgeschmack. Gut, das trifft es bei
Andronaco in der
Halskestraße erst recht nicht und trotzdem esse ich dort für mein Leben
gern im Bistro. Ich will damit sagen, dass ich mich noch niemals in
meinem Leben davon habe abhalten lassen, gut zu essen und zwar egal, wie
es dort gerade eingerichtet war. So auch hier.
Die freundliche und eindeutig als Ehefrau oder Lebenspartnerin des Kochs
zu identifizierende Bedienung brachte uns neben der Speisekarte, die
angenehm übersichtlich war und keine Pizzen enthielt, ein Holzschild,
auf dem einige Tagesspeisen geschrieben waren.
Als nächstes brachte sie uns warmes knuspriges Maisbrot, welches wir mit
einem frischen Olivenöl beträufelten und uns dermaßen emsig über das
leckere Brot hermachten, dass wir fast vor der Vorspeise pappsatt
gewesen wären:
Wir wählten als Vorspeise klassisch Antipasti (10,50) und Vitello
tonnato( 9,50). Die Antipasti enthielt neben einer dicken Scheibe
Mozzarella ausschließlich warmes gebratenes Gemüse in bestem Öl. Es
duftete würzig. Ein Teller schlichte Köstlichkeit. Das Vitello war
zartes Kalbfleisch, mit einer sehr feinsämigen Thunfischsoße überzogen
und geschmacklich perfekt.
An Getränken orderten wir Pellegrino (0,25l / 2,50 ) und Alsterwasser
(0,4l 3,50) - und von der Tafel Tagliatelle mit Scampi und Pfifferlingen
(14,50) und Pulposalat (16,50).
Während der Pulposalat aus einer großen Menge Tintenfisch umrundet von
Salat in einer Vinaigrette lag und meinen Lieblingsehemann rundum für
sich einnahm, war meine Tagliatelle in einer schlunzig-würzigen
Tomatensoße mit vielen wunderbaren Scampi und Pfifferlingen serviert
worden. Dazu reichte man mir frisch geriebenen Parmesan. Auch ich war
mit Geschmack und Zubereitung mehr als zufrieden. Die Küche hatte
alles harmonisch auf einander abgestimmt, allein die Tomatensoße meldete
sich mit verhaltener Schärfe.
Aufgrund dieser überraschend gelungenen Speisen musste es natürlich noch
ein Dessert sein. Wir orderten Tiramisu ( 5,50), das uns beide
überraschte. Ich habe noch nie so eine sanft zerschmelzende Mascarpone,
die als leicht schokoladige Creme auf dem tuffen Biskuit thronte,
genossen. Ein Dessert, von dem man die halbe Nacht immerzu eines nach
dem anderen hätte vernaschen können:
Zum Abschluss bot uns die Wirtin einen kleinen Sambucca oder Grappa
an;da ich noch das Auto bewegen wollte, lehnte ich ab, während mein Mann
einen Grappa wählte. Er bekam ein volles Glas und auf unser Erstaunen
hin, dass diese Menge wahrlich kein kleiner Grappa sei, zur
Antwort, dass mein Mann eben die doppelte Menge bekäme, weil ich ja
ausfiele. Der Grappa kam fein rosinig auf die Zumge, war leicht gelblich
und ging sauber die Kehle runter. Also einer der besseren unter dem
unendlichen Grappasternenhimmel und ein weiterer Pluspunkt fürs
Tarantino.
Nun ist es geschehen und wir haben ab sofort in Wandsbek ein
italienisches Stammlokal - denn dass wir wieder kommen werden, ist
gewiss.
Genussanwältin
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Dem Genussgenie ging es nicht anders als der
Genussanwältin - jahrelang ist es desinteressiert an der Osteria vorbei
gefahren und hat nie eine Notwendigkeit gesehen, einmal einzukehren. Ein
Riesenfehler, der jetzt im August 2016 mit drei Besuchen binnen vierzehn Tagen zumindest
ansatzweise ausgebügelt wurde. Und im Mai 2017 waren wir auch schon
wieder da.
Wir haben uns sofort wohlgefühlt bei
Tarantino, man sitzt wie in einer Art Wohnzimmer, das niemand penibel
aufgeräumt hat. An den Wänden hängen schwarzweisse Fotos von den
Filmstars der 60er, Lollobridgida, Fernandel und so.
Die Bedienung zeigte sich gut gelaunt, kenntnisreich und flott. Wir
bestellten den Hauswein, einen gefälligen Cabernet für 5,- pro Viertel.
Lambrusco findet sich auch auf der Karte, angeblich nur für Kundschaft,
die "gerne italienische Cola mag". Das Bier kam knallkalt auf den Tisch,
so soll es sein. Eine Reservierung ist unnötig, denn "wir kriegen das
schon hin".
Kurz zur Hauptsache, dem Essen: Puristisch,
aromatisch, grandios! Das gilt bei den Vorspeisen sowohl für das
bemerkenswert zarte Vitello Tonnato mit seiner leicht säuerlichen Sauce
als auch für den bunten Gemüseteller.
Die Angebotstafel zeigte Pulposalat für 12,90
an, der kam als bunter Teller auf den Tisch. Der Pulpo war nicht
butterzart, sondern von angenehmer Festigkeit, es gab durchaus etwas zu
kauen. Glücklicherweise lag eine halbierte Zitrone dabei, so dass man
den Säuregrad selbst bestimmen konnte. Mit den Tomatenstückchen, Oliven,
Perzwiebeln, eingelegten Champignons und Möhren eine rundum gelungene
Zusammenstellung.
Auf der kleinen, pizzafreien Karte fanden sich auch noch Scampi
Livornese plus Salat (19,50). Zarte Meeresfrüchte in einer wunderbar
tomatig-kaperigen Tomatensauce - ein pikanter Genuss!
Sehr lecker dann das Tiramisu, das wegen seiner Alkoholfreiheit und der
kaum vorhandenen Bitterkeit nicht nur für bekennende Süßmäuler, sondern
auch für Kindergaumen eine Freude ist. Zur Rechnung
bekamen wir noch einen großzügig geschenkten, weichen Grappa
ausgeschenkt.
Wir haben gelernt, dass es entgegen unseres jahrelangen Wehklagens doch
einen vernünftigen Italiener in Wandsbek gibt - und dass die
Genussanwältin volles Vertrauen in ihre Futtertipps verdient hat!
Was man auch gut machen kann: Mozzarella
Caprese als Vorspeise für zwei, danach eher sättigende als grandiose Penne al forno oder
zartwürzige Scaloppine
Romana (Schweinefilet mit Parmaschinken und deutlichem Salbei):
Montags bis Donnerstags hat die Osteria auch mittags geöffnet,
allerdings gibt es keine spezielle Mittagskarte. Tarantinos Publikum
rekrutiert sich zu beinahe 100% aus Stammgästen, von denen sich dort
sogar einige verabschieden, wenn sie für eine Woche in den Urlaub
fahren. Zu den Stammgästen gehört das Genussgenie nun auch, seine
Urlaubspläne aber bleiben geheim.
Die Parkplatzsituation dort ist grenzwertig, lieber ein paar Minuten
mehr für die Suche einplanen!
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Mitte September 2019 bestätigten sich unsere
guten Erfahrungen, wenngleich die kleine Küche mit vielen verschiedenen
Bestellungen doch Mühe hat - es dauert dann einfach länger.
Wir waren ausgesprochen glücklich mit Variationen vom Schweinefilet (um
die 15,- €), einmal mit Mozzarella überbacken und Basilikum, einmal in
einer runden Gorgonzolasauce. Beides sehr vollmundig und mit feinen
Röstaromen, beides ergänzt mit knusprigen Röstkartoffeln und langen
Bohnen.
Osteria Tarantino
Ahrensburger Straße 170
22045 Hamburg
Tel. 040 656 24 58