bianc

Das Restaurant setzt offenbar nicht auf Laufkundschaft, jedenfalls wirkt es von außen unscheinbar und ist, auch in Kenntnis der Hausnummer, auf Anhieb kaum zu entdecken. Dafür entschädigt es durch großzügiges, angenehmes Ambiente ohne Damasttischdeckchen.


Chef wie Personal zeigten sich Ende Dezember 2018 ausgesprochen auskunftsfreudig, kenntnisreich, flott - und doch voll entspannter Freundlichkeit.
Wir wählten das Markt-Menü, das mit 110,- Euro pro Person für fünf sehr beeindruckende Gänge kundenfreundlich kalkuliert war.

 

Leider wurden vergleichsweise gesalzene Preise für Getränke aufgerufen, ein Gómez Cruzado Reserva 2011 kostete 59,- €, ein geizig geschenktes Glas vom trockenen Sherry (einen anderen gab's nicht) 10,- €. Bemerkenswert fanden wird die schlichten, erstaunlich leichten Gläser.

Die vielen Vorspeisen bekamen wir en bloc serviert, was für einen bunten Tisch sorgte und kulinarisch andeutete, wohin die Reise gehen sollte: Höchstes Niveau, gekonntes Spiel mit Temperaturen, das sich auch in den Hauptgerichten immer wieder fand. Als Beispiel sei die leicht pikante und vollmundige Apfel-Gazpacho genannt: Zwar ist Suppe aus Reagenzgläsern als modischer Gag längst out, hier erfüllte er einen Zweck - die Suppe war oben warm, unten eiskalt, jeweils anders aromatisiert.

Rindertatar mit schwarzem Knoblauch

Granny Smith Gazpacho auf Eis


Nicht zufällig fanden sich im Bücherregal sämtliche Werke des grandiosen Ferran Adrià. Kevin Fehling steht auch da:

 


Es folgte Focaccia, der Legende nach eine Remineszenz an das Schulbrot des Chefs. Damit wäre ich auch gern zur Schule gegangen und habe mir das Rezept mitgeben lassen.

Was uns nicht mundete - und das war der einzige kleine Patzer an diesem Abend - war die 'mediterrane Büffelbutter', eine optisch zwar ansprechende, aber im Grunde nur dünnschleimig-geschmacksarme Pampe. Wir wurden dafür mit wunderbaren, mit feinstem Pata-Negra-Schinken umwickelten Grissini angemessen entschädigt.


Die Hauptgänge zeigten sich über jeden Zweifel erhaben, den Thunfisch (Bluefin) in weißem Balsamico habe ich noch heute auf der Zunge:

 

Überhaupt zeigten sich alle Aromen intensiv und extrem langlebig. Und auch den Carabineiro hat in dieser Perfektion und Saftigkeit nicht einmal Kevin Fehling im 'The Table' hinbekommen - das hat wirklich äußerstes Vergnügen bereitet!

Carabineiro mit Tomaten-Couscous

Hummer mit Sellerie und Kaviar

100% Iberico mit Tintenfisch und Risina-Bohnen

Ziegenjoghurt mit Himbeere und Tête de Moine

Weiße Schokolade, Pistazie und Birne

Petit Four ('Künstliche' Erdnüsse)


Der Meister am Herd, Matteo Ferrantino, hatte sich bereits in Portugal (Vila Joya) zwei Michelinsterne erkocht und es sollte erstaunen, wenn er die nicht bald auch in Hamburg bekäme. Die geizigen 16 Punkte vom Gault Millau 2019 sind, mit Verlaub, lächerlich.
Woher genau der seltsame Name 'bianc' rührt, haben wir nicht ergründen können - ob Matteo dereinst von einer Bianca schnöde verlassen wurde und sich nun mit einem Edelrestaurant rächen will?

Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall.

Die Parkplatzsituation ist schwierig, Valet-Parken wird immerhin angeboten, ansonsten gibt es eine gute U-Bahn-Anbindung.

Ein Blick in die Küche:

Der Apfel soll gewiss die Vertreibung aus dem Paradies symbolisieren.

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Wie erwartet, hat das Restaurant zwischenzeitlich einen Michelin-Stern erhalten. Ebenfalls nicht unerwartet kam daraufhin eine Preissteigerung um gut 20%.
Das Marktmenü ( 6 Gänge, 145 €), wie es Anfang Januar 2020 serviert wurde, unterschied sich inhaltlich kaum vom Vorjahresangebot:

Allerdings hat die Küche in diesem Jahr deutlich beherzter gewürzt, was den Gerichten sehr gut bekommen ist. Matteo Ferrantino zeigt sich zudem mehr und mehr als gelehriger Schüler Ferran Adrias und der einst angesagten 'Molekularküche' - und momentan zelebriert er eindrucks- und liebevoll seine Geleephase. Sphärische, also in Form und Geschmack echten Oliven und Kartoffeln nachempfundene Kreationen fehlen ebenso wenig wie 'echte' Austernperlen.
Besonders auffällig wirkte der geplant sukzessive Geschmacksaufbau vieler Komponenten, der sich sehr verzögert entfaltete und in langem Nachhall endete - grandios!

Der ebenso kenntnisreiche wie ansehnliche Service zeigte sich gut aufgelegt und routiniert. Für die Weinreise konnten wir uns nicht erwärmen und entschieden uns für einen überraschend vollmundigen Syrah aus der Pfalz für rund 80,- €.

Grüner Apfel | Meerrettich | Gazpacho

Austernperle

Oktopus Gallega

Gambastortilla

Genussgenie mit Grissini

Ein Blick in die Küche

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Rotbarbe | Sepia | Bio Ei | Zwiebel

Bacalhau Brandade | Kichererbsen

Carabinero | Chorizo | Paprika | Migas | Safran-Alioli

 

Und ein paar Bilder vom Nachtisch:

Weiße Schokolade | Mandarine | Bergamotte

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Im Grunde hat sich hier in den letzten Jahren wenig verändert, abgesehen vom Servicepersonal vielleicht, uns bediente im August 2021 auch die Tochter des Chefs. Das ehemalige 'Markt-Menü' hieß nun 'Emotion' und kostete 190,- € pro Person. Zum gleichen Preis ist auch ein vegetarisches Menü zu bekommen, ein drittes Menü gibt es nicht mehr.
Inhaltlich hat sich kaum etwas geändert, nur einige Portionen (z.B. Hummer mit Kaviar) wurden vergrößert und ein paar Gänge (wie saftiger Kabeljau in extrem aromatischer Minestrone) wirkten erheblich filigraner ausgearbeitet als früher und ja - leckerer.

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Der Sommelier hatte Mühe, sich sprachlich verständlich zu machen. Wir orderten einen 2015er Nossa Calcario (Portugal) für 85 Euro, was ein ziemliches Schnäppchen gewesen wäre. Serviert wurde dann jedoch, ohne jeden Kommentar, nur ein Tropfen aus dem Jahre 2017 - zum gleichen Preis. Vermutlich müsste die schmucke Weinkarte auf den neuesten Stand gebracht werden.
Ansonsten alles wie gehabt, freundliche Bedienung, die nur zum Ende hin Probleme zu haben schien, denn wir warteten recht lange auf den Nachtisch und hatten das Menü erst nach gut vier Stunden nieder gemacht.
Das Bianc ist nach wie vor sehr zu empfehlen, die Küche wurde ihren beiden Michelinsternen ohne einen Hänger souverän gerecht - da bekommt man wirklich einen schönen Abend geboten. Und am Ende gibt es die vom Chef signierte Menükarte als Andenken.


Hier noch ein paar Eindrücke:

Die gesammelten Vorspeisen

Atlantik Hummer | Sellerie | Champagner Sauce | Imperial Kaviar

Kabeljau | Mediterrane Minestrone | Aioli

Jakobsmuschel | Olivenöl Sud | Ananas | Salicornia

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Nachtisch gab es auch:

Sangria

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Im Grunde geht es hier zu wie immer, Struktur und Optik des Menüs haben sich Ende  März 2023 kaum geändert, der Inhalt zum großen Teil schon. Der Preis auch: 230,- Pro Person wurden für das Menü 'Emotion' oder die vegetarische Variante fällig - im Jahre 2018 noch für 110,- € zu haben.
Es haben sich ein paar Veränderungen ergeben, die Büffelbutter zum Brot hat jetzt eine deutlich angenehmere Konsistenz, dafür finden sich nur noch wenige Luxusprodukte auf den Tellern. Corona hat offenbar auch hier beim Personal zugeschlagen, wir entdeckten kaum bekannte Gesichter. Die Weinkarte kommt nicht mehr in den kleinen roten Kästen, sondern in einem rollbaren Blechschrank:

Tropfen unter 100 € sind kaum noch zu bekommen. Wir entschieden uns kühn für einen würzig-trockenen Negroamaro Primitivo für 60,- € - das war ein sehr erfreuliches Erlebnis.


Nach wie vor erstklassig kamen die abwechslungsreichen Vorspeisen-Häppchen daher. Besonders hervorzuheben sind das pikante Hähnchen-Piri-Piri und die Entenleber Cassis Feige. Zwar wirkt es nicht besonders originell, Leber durch Früchte leichter und zugänglicher zu machen, aber hier hat die Küche wirklich meisterliches geleistet und eine nahezu perfekte Cuvée geschaffen. Großes Gaumenkino!

Bacalhau Brandade mit Kichererbsen

Hähnchen Piri-Piri

Pulpo Gallega

Gurke, Dill, Boquerones

Grüner Apfel Gazpacho

Oliven-Tapenaden-Crostini


Das Hauptmenü war durch eine gewisse Salzlastigkeit geprägt. Besonderes Highlight, nicht ganz unerwartet, ein wunderbares Stück vom wilden Steinbutt:

Austern muss man mögen, diese waren in Ordnung, auch für Nichtmöger.
Aus unerfindlichen Gründen hat sich in vielen Sterneküchen die Meinung festgesetzt, die Gäste hätten keine Zähne mehr - man bekommt nichts zu kauen. Die Ausnahme bildete hier der herzhafte Kalbsrücken mit Venusmuschel, dazu wurde, als einzigem Teller, ein scharfes Messer gereicht:

 
Eine fein dekorierte, mit Lammhack gefüllte Ravioli war auch so ein weicher Schlabberkram, wunderhübsch angerichtet, aber leider nicht sonderlich aromatisch - warum wohl wird Lamm so gern mit Knoblauch gewürzt?

Taschenkrebs mit Karotten Escapece, Feta und Olive


Desserts und Petits Fours erwiesen sich als formidabler Abschluss, abwechslungsreich, hervorragend abgestimmt und einfach - extremst lecker:

Joghurt, Rhabarber (deutsch), Himbeer (spanisch)

Basilikum, Olivenöl, Tomate

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Das Menü war in knapp drei Stunden geschafft, insgesamt ein genussreicher und schöner Abend.

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Wir waren 2023, kurz vor Silvester im bianc, das komplett ausgebucht war. Offensichtlich war der Hunger der Hamburger trotz üppigem Weihnachtsfestgeschmause ungebrochen. Der Service war wie gewohnt, perfekt und aufmerksam.
Die quasi neue Menükarte, wobei ich nicht weiß, seit wann es diese schon gab, unterstrich, ebenfalls wie gewohnt, Matteos mediterranen Ursprung und das konnte man auch aus den einzelnen Gerichten herausschmecken. Die dargereichten Speisen waren im Niveau geblieben, da gab es keine Ausbrüche nach unten und, wieder wie gewohnt, war des Meisters Handschrift deutlich erkennbar: Sterneküche mit deutlichem Mittelmeertouch.
Eine gewisse Änderung war allerdings doch schon vorgenommen worden: Die bislang durchaus als fast schon aufdringlich zu bezeichnenden Teller und sonstigen Behältnisse waren gegen deutlich dezenteres Geschirr getauscht worden. Aber das sind nur Marginalien, das Wichtigste, nämlich die Speisen wurden nach wie vor in fein austarierter Würze an den Tisch gebracht. Wobei eben als typische Signatur Matteos bezeichnet werden kann, dass er weiß, wie Olivenöl und Zitrone gekonnt einzusetzen sind.
Angenehm fanden wir, dass Matteo seine Gepflogenheit beibehalten hatte, jedem Gast die Amuse gueules selbst an den Tisch zu bringen und zu erläutern. Dieser Brauch ist gut durchdacht, da auf diese Weise der Kontakt zum Gast gleich zu Beginn der Gourmetreise hergestellt wird.

Hier ein paar Eindrücke:

oben einige Amuse gueules

Steinbutt/Erbsen/schwarzer Trüffel

Jakobsmuschel/Grapefruit/Olivenölsud

Hummer/Eigelb/Champagnersauce

Wagyu/Markknödel/Aal

Genussanwältin

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bianc

Am Sandtorkai 50
20457 Hamburg

Tel. 040 18119797

 

 

 
 
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