Andronaco / Hafencity

Wir kennen den italienischen Supermercado Andronaco in der Halskestraße schon seit Jahren und schätzen neben all den italienischen Leckereien aus dem Supermarkt (toller Schinken,  große Käseauswahl) sehr die dortige Küche.
Restaurant kann man das irgendwie nicht nennen, was einen in Billbrook erwartet, eher eine Art gehobener Imbiss, denn die Variationsbreite der angebotenen Speisen steht eindeutig weit über dem eines Imbiss'. Wer dort um die Mittagszeit auftaucht, den erschlägt die Länge der Warteschlange, die meist weit bis nach draußen reicht -  und jetzt während der Coronazeit ohnehin wegen der 2-Meter-Abstand-Regel. Aber das sagt nur Gutes über die dortige Küche aus, wenn halb Billbrook bei Andronaco zum Mittagessen erscheint.
Mit dieser Art Vorfreude wollte ich unbedingt das Andronaco in der Hafencity ausprobieren. Weil bis 21 Uhr geöffnet, ist es der passende Einkehrort, um nach einem Besuch der Nachmittagsvorstellung in der Astor Lounge das Abendbrot in der Hafencity einzunehmen. Es sind vom Kino wirklich nur ein paar Schritte. Das Andronaco in der Hafencity ist wie auch in der Halskestraße in einen Supermarkt- und einen Essbereich aufgeteilt.


Leider ist der erste Eindruck, dass man vorrangig nur Wert auf Funktionalität gelegt hat, alles wirkt wie in einer Großkantine, die sich vorgenommen hat, zu Stoßzeiten, Busladungen von Touristen zu sättigen. Ich frage mich, denn der Neubau dieses Gebäudes ist erst ein paar Jahre her, ob man bei der Innenplanung nicht alles eine deutliche Spur eleganter hätte gestalten können.


Aber das nur am Rande, schließlich kommt es ja auf das Essen an.
Wir orderten also wie in einer Kantine unser Essen, Antipasti nach Wahl und Gewicht bezahlt, wobei 1,90 Euro für 100 Gramm verlangt wurden. Als Hauptgang bestellten wir einmal Tagliatelle mit Lammfilet und Pfifferlingen sowie Spaghetti Carbonara, zum Dessert Tiramisu.
Damit die Küche den Hauptgang in Ruhe zubereiten kann, bekommt man nach dem Bezahlen einen Buzzer, der Signal gibt, wenn die Zubereitung erfolgt ist. Man kann sich also schon mal nach einer Sitzgelegenheit umschauen und mit der Antipasti-Vorspeise anfangen:


Unser gemeinsamer Antipastiteller musste sich wie die anderen Speisen einen Vergleich mit Andronaco Halskestraße gefallen lassen und ich nehme jetzt schon mal das Ergebnis vorweg: Alles fiel weitestgehend durch.
Beim Antipastiteller gilt eine einzige Ausnahme - die frittierten Zucciniblüten, die fein ausgebacken waren und wirklich sehr edel zart schmeckten. Obendrein sahen sie noch interessant aus.
Aber das war es dann auch schon. Auch wenn die Fotos vielleicht etwas anderes weismachen möchten, sämtliche Mahlzeiten waren derartig lieblos und uninspiriert zubereitet, dass sich mein Mann zu der Bemerkung verstieg, es könnten unmöglich echte Köche am Werk gewesen sein. Das wissen wir natürlich nicht, aber Tatsache war, dass keinerlei Gewürze verwendet wurden oder nur in so geringen Dosen, dass sie nicht in Erscheinung traten. Das war einfach nur lustlos gekochtes Zeug, unter Auslassung jeglicher Würzung. Dabei kann gerade die italienische Küche mit einigen Standards echt punkten.


In meinem Hauptgang gab es etliche Scheibchen Knoblauch, bei der ersten dachte ich noch, dass sich so etwas wie ein laff schmeckendes Spargelstückchen auf meinem Teller verirrt hatte, aber es war bei einer zweiten Probe tatsächlich Knoblauch, der schlicht nach nichts schmeckte. So erging es uns auch mit dem Parmesan, der ebenfalls ohne jeglichen Geschmack war. Das Lammfilet war nicht angebraten, sondern vermutlich einfach in der Soße mit gegart worden. Es wäre wirklich besser gewesen, man hätte das Fleisch gleich ganz weggelassen. Wenn mein Lieblingsehemann zum Salzstreuer greift - bei Andronaco gab es diese winzigen Tütchen, in denen das Salz verpackt ist - dann war sein Gericht überhaupt gesalzen, denn er greift sonst nie zum Streuer. Sein Carbonara schmeckte folglich fade, was im Grunde nicht angehen kann, wenn man sich vergegenwärtigt, dass eine der Zutaten des Carbonara luftgetrockneter Schinkenspeck ist. Wenn also dann trotzdem noch Salz fehlt ...
Ebenso katastrophal das Tiramisu. Entweder es war eine Woche alt oder aber, was ich für wahrscheinlicher halte, man hatte schlicht andere Zutaten verwendet, die alles zu einer hochverdichteten Pampe ohne Geschmack werden ließen. Wenigstens waren wir bei diesem Gang so konsequent, ihn stehen zu lassen.

 
Nach dem Abräumen des Geschirrs kam mein Mann mit der Bemerkung zurück, dass sogar eine halbe Pizza in der Geschirrablage liege. Objektiv betrachtet muss das natürlich nicht bedeuten, dass auch die Pizzen nicht schmeckten; Aber was wir darüber dachten, muss ich nicht weiter ausführen.


Ich bin überzeugte Hamburgerin, was für mich beinhaltet, dass auch Touristen spüren sollen, wie angenehm es sich in unserer Stadt leben lässt. Noch mehr solche Ess-Stationen wie das Andronaco an touristisch frequentierten Stellen und wir laufen Gefahr, mit unserem Speisenstandards so schlecht beleumundet zu werden wie einst die Briten mit ihrer wüsten Braunesoßeauffetteslammküche
(wovon sie sich zum Glück deutlich abgewendet haben, denn guter Geschmack ist halt unverwüstlich und international und widersteht jedem Brexit).

 


Zu guter Letzt beschlossen wir aber, Andronaco eine letzte Chance zu geben - und zwar gab es im Gegensatz zur Halskestraße einen etwas größeren Eiswagen für Kugeleis. Und hier wiederum bewies man guten Geschmack, mein Erdbeer- und Joghurt-Waldfrucht-Eis schmeckte genauso perfekt wie das Malaga-Eis meines Mannes.
Die Kugel kostete 1,30 Euro, und falls mir in der Hafencity in fußläufiger Nähe zu Andronaco mal die Eislaune kommt, werde ich mir gerne dort wieder eine Kugel holen.

Genussanwältin



Andronaco
Am Sandtorkai 44
20457 Hamburg-Hafencity

Tel.: 040 76794390

 
 
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