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Restaurantkritiken für Hamburg und die
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Weltenbummler / Steenodde (Amrum)geschlossen!
Das Restaurant befindet sich in Stenodde, auf der Wattseite Amrums. Es handelt sich um ein in den siebziger Jahren im Friesenstil erbautes Haus mit einer ziemlich uncharmant angeklatschten Terrasse mit Windfang, auf der nachmittags Kaffee und Kuchen serviert werden. Wer im hell gekachelten Inneren einen günstigen Platz erwischt, kann sogar in der Ferne das Watt sehen.
Wie man auf der Webseite des Restaurants erfährt, war der Koch jahrelang als "Küchenchef in der Hamburger Spitzengastronomie" tätig. Derlei knackige Werbung lässt aufhorchen, denn kaum jemand würde Szene-Restaurants wie 'Eisenstein' oder 'Atlas' ernstlich zur ersten oder zweiten Liga zählen wollen. Die übersichtliche und fantasievoll formulierte Karte allerdings ließ hoffen. Die Getränkepreise bewegten sich im normalen Rahmen, Sherry ('Sandemann') kostet, 4,20 Euro, Bier vom Fass ('Jever', 0,4l) war mit 3,30 Euro sogar recht günstig. Von bester Qualität kam als Vorspeise Vitello Tonnato, wunderbar zartes Fleisch unter herrlich unfischiger Sauce auf ausgebackenem Filouteig, dazu winzige Oliven und große Kapernäpfel. Viel besser kann man das kaum machen, es wurden 9,70 Euro dafür fällig:
Eine höchst originelle Vorspeise findet sich auch auf der Karte, nämlich eine Bratwurst aus Krabben und Zander. Serviert wurden zwei davon. Sie sahen aus wie eine gewöhnliche feine Bratwürste aus Schweinefleisch, nur etwas kleiner, und irgendwie erwartete man beim ersten Biss auch den entsprechenden Geschmack. Der blieb aus, was eine Millisekunde für Enttäuschung sorgte, um dann großer Freude über die wirklich extrem gut gelungene Abmischung Platz zu machen. Mildes Krabbenaroma überwog, hervorragend ergänzt durch den noch eine Spur milderen Estragonsenf. Dazu gab es Brioche und knackfrische Blätter vom Feldsalat. Ein kleiner, ganz großer Teller, für den die verlangten 9,60 Euro nicht weh tun.
Als Empfehlung wurde "Wiener Schnitzel" auf Kartoffelsalat angeboten. Regionale Küche? Auf dem Teller fand sich dann ein sehr feiner und leichter, erfreulich salatgurkenlastiger Kartoffelsalat, der einen schönen Gegensatz zu den beiden darauf ruhenden Schnitzeln bot. Letztere überzeugten durch einwandfreie Fleischqualität und gleichmäßig krosse Panade. Daran gab es nichts zu meckern, wenn man denn den Preis von 19,20 Euro für angemessen hält.
Spanferkelkeule schmeckt bekanntlich nicht sonderlich aromatisch, wenn sie weder vom Holzkohlegrill kommt noch mit knuspriger Haut serviert wird. Das könnte ein Ehemaliger aus der Hamburger Spitzengastronomie durchaus wissen. Leider komponierte er ein für sich genommen zwar ausgezeichnetes, aber zum milden Fleisch viel zu aromatisches Süßkartoffelpüree samt kräftigen Pilzen dazu und erschlug damit die milde Aromaahnung der ohnehin nur in geringer Menge vorhandenen Spanferkelstückchen (auf dem Foto kaum zu erkennen). An dieser Zusammenstellung (18,80 Euro) sollte noch gearbeitet werden, am besten mit der ganz groben Feile.
Der Nachtisch ist preislich recht selbstbewusst kalkuliert, ein Joghurt Panna-Cotta kostete 7,60 Euro. Dafür fanden sich dann ein paar Ringe der sehr leichten Creme und ein paar Beeren auf dem Teller.
Völlig nach hinten los ging die Crème brûlée Vanille mit einem Obstsalat. War die Creme selbst noch in Ordnung, wurde ihr verhaltenes Aroma von der Fruchtmischung vollends erdrückt. Es überwog zwar ein angenehmes Mundgefühl, aber vom typischen der Vanille und der Crème brûlée blieb überhaupt nichts. Man hätte auch Obstsalat mit Mascarpone essen können. Dagegen wäre nichts einzuwenden, gegen den Preis von 6,80 Euro in diesem Falle aber schon.
Insgesamt gehört der "Weltenbummler" zu den besten Restaurants auf Amrum, es wird ordentliche / bodenständige Küche mit guter, frischer Produktqualität geboten und gelegentlich findet sich ein wenig Verspieltes. Das Personal ist freundlich und hilfsbereit, innerhalb der Saison geht ohne Reservierung kaum etwas. Kreditkarten werden nicht angenommen. Leider setzt sich die auf der Insel massiv grassierende Hundeplage auch im Restaurant fort.
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Im Juni 2014 fanden wir uns erneut ein im 'Weltenbummer'. Das Restaurant war an diesem Sonntag schwach besucht, und wir wurden ausgesprochen freundlich bedient, mit strahlendem Lächeln. Nach dem Gruß aus der Küche - wunderbar knusprig frittierte Scampi in pikanter Tapioka-Suppe - strahlten dann auch wir.
Die gute Laune sollte weiter anhalten, denn auch die Vorspeisen waren wirklich sehr fein. Das galt für die erfreulich leichte Spargelsuppe, die ohne Sahne und Spargelstücke, dafür aber mit krossem Pancetta, daherkam, ebenso wie für den Topinambur-Salat: Topinambur hauchfein gehobelt und sanft mariniert, dazu gebackener und karamellisierter Ziegenfrischkäse und ein wenig knackiges Grünzeug. Spargelsuppe Topinambur
Beim Hauptgang verlor sich unser Strahlen leider ein wenig. Die hausgemachten Tagliatelle mit Bärlauch, Pfifferlingen und (2) Kirschtomaten sahen zwar hübsch bunt aus, waren aber viel zu nüchtern. Nachsalzen half zwar dem Salzmangel ab, aber das Ganze wurde dennoch, von den wirklich ausgesuchten Pfifferlingen abgesehen, durch eine allenfalls für Hardcore-Vegetarier erträgliche Geschmacksarmut dominiert.
Schade, denn würzen kann die Küche mit Sicherheit besser. Die Nudeln
mögen tatsächlich 'hausgemacht' gewesen sein, einen sonderlich saftigen
Eindruck hinterließen sie jedoch nicht - mit 18,50 Euro war der Teller
zu teuer. Auf Nachtisch haben wir nach Erfahrungen der letzten Jahre
verzichtet. --- Gruß aus der Küche / Bärlauch
Es ist alles beim Alten geblieben, lässt sich auch zum
Saisonbeginn im April 2016
feststellen: Landgasthofküche auf gehobenem Niveau zu noch erträglichen
Preisen. Die Bedienung zeigte sich freundlich und aufgeschlossen, allein
die laute akustische Hintergrundbemalung störte: Irgendein lokaler
Sender ließ seinen hektisch haspelnden Moderator in epischer Breite von
einem offenbar enorm wichtigen Handballspiel berichten. Ziegenkäse Sauerampfersuppe
Stianoodswai 17 geschlossen!
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