San Lorenzo (Glinde)/ geschlossen!

 

Die 'Stadt' Glinde ist aus Hamburger Blickwinkel das, was aus Sicht eines
Supermarktkunden der abgelaufene Fruchtjoghurt in der hinteren Kühlregalecke ist:
Nicht auf der Liste, weit weg, aber wenigstens preisreduziert. Und dann noch ein
italienisches Restaurant? Laut, hektisch und ebenfalls billig?
Laut und hektisch geht es im San Lorenzo tatsächlich zu, aber den unteren
Preisbereich zu bedienen, kann den Betreibern sicher niemand vorwerfen; und sollte
nach der positiven Bewertung im Gault Millau (2010: 14 Punkte) auch nicht erwartet
werden.

 


Das Restaurant befindet sich in einer alten Villa, ist hübsch gelegen, direkt am
Mühlenteich, umgeben von Zitrusbäumchen. In der warmen Jahreszeit unbedingt die
Terrasse nutzen! Innen sitzt man gemütlich wie in einem edlen Wohnzimmer,
Gespräche gestalten sich bei voller Auslastung, die normal ist, wegen der Lautstärke nicht einfach.

Vorweg gibt es Brot mit hausgemachtem Salsa verde. Der Sevice ist munter,
hervorragend informiert und sehr auskunftsfreudig, so dass die Wahl von Speis' und
Trank leicht fällt. Focaccia mit schwarzen Trüffeln kam als knuspriger, würziger
Einstieg daher und war die gut 16,- Euro für 4 Personen wert. Der Gruß aus der Küche
geriet unauffällig, eine nicht ganz leichte Kaninchenterrine (Bild links).

   Mozarella

Als Vorspeise gebührt den Nudeln Lob, besonders denen, die eine Sahnesauce
abbekamen und dann am Tisch direkt in einem dicken Laib Grana Padano eingekäst
wurden - sehr fein auf der Zunge, sehr mild, extrem sättigend. Auch grünen Bereich,
aber nichts Besonderes waren die kleinen, mit kräftiger Wurst und Pilzen
aromatisierten Hörnchen-Nudeln in zwei kleinen Schalen.

Echte Kracher sind die Hauptgerichte, besonders das Salzwiesenlammkarree. Außen
knusprig, mit grandios abgestimmter Pesto bestrichen, innen gleichmäßig rosa, so
zart und geschmacksintensiv, dass man es kaum glauben mag. Chapeau! Der
durchaus leckere Kartoffel-Selleriesalat und die belanglose Gemüseunterlage verschwanden dahinter völlig.
Ebenfalls Anerkennung verdienen die saftigen und sehr krossen
Schweinerückensteaks an gegrillten Artischockenherzen, die Herrschaften an Backofen/Grill verstehen ihr Geschäft.

Der Nachtisch bestand aus drei Teilen, von denen besonders die Crème brûlée in der
Mokkatasse Erwähnung verdient hat. Schöne, nicht zu puddingartige Konsistenz,
vanillelastig und etwa 5% unter dem eigentlich optimalen Zuckerungsgrad - genial.
Viel zu mächtig zeigte sich die Kugel Mousse au Chocolat, die allerdings sehr schön
schokoladig auf der Zunge zerging. Erfrischend, aber wenig aussagekräftig war der
Schaum mit Früchten, so wie sich insgesamt die Frage nach dem Konzept, das hinter
dieser Komposition steckt, stellt.

 

Die Getränkepreise liegen noch im angemessenen Bereich, eine Flasche Merlot lag
bei 35,- Euro, Wasser San Pellegrino bei 6,20 und Bier bei 4,80 Euro. Am Ende haben
wir gut 300,- Euro dort gelassen, inkl. 10,- Euro für ein Pfund hausgemachte Salsa
Verde im Honigglas zum Mitnehmen.

Zum edlen Kaviar im Kühlregal wird Glinde durch das San Lorenzo nicht, aber die kleine 'Stadt' erfährt doch immerhin eine deutliche Aufwertung.

San Lorenzo Ristorante Caffé in der Villa Bode
Kupfermühlenweg 2
21509 Glinde
 - geschlossen! -

 
 
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