Ming Dynastie (Hamburg)
Jahrelang haben wir um das in der Wandsbeker Königstraße befindliche
Lokal einen Bogen gemacht, weil Freunde behaupteten, dort habe es ihnen
nicht gemundet. Da diese Freunde meist eher schlichte Kost bevorzugten,
waren wir vorgewarnt, denn wenn denen es schon nicht gefallen hatte,
dann würde es uns garantiert dort erst recht nicht schmecken. Dachten
wir.
Erst ein kleiner Artikel im Hamburger Abendblatt, in dem von so
unbekannten Speisen wie Quallensalat, 1000-Jährige Eier, Fischmagensuppe
und Kürbiskuchen mit dunkelroter Bohnenpastefüllung zu lesen war, ließ
uns am Urteil der Freunde zweifeln. Sollten wirklich solche
ausgefallenen Gerichte mit einem "Durchschnittschinesen" einher gehen,
der unter Verwendung einer billigen Einheitssoße Standards anbietet,
die wir Hamburger seit Jahrzehnten bei chinesischem Essen fürchten?
Wir wagten zur Mittagszeit unseren ersten Besuch und sind seitdem völlig
taub, wenn die erwähnten Freunde Urteile über Restaurants abgeben.
Man bekommt in der "Ming Dynastie" auch die normalen, allerdings höchst
schmackhaft zubereiteten Gerichte, die man so vom "Chinesen" kennt. Aber
was sonst noch auf der Karte steht, ist jeden Besuch bisher wert
gewesen. Das fängt schon mit der Dim Sum Karte an, die 30 verschiedene
Teigtaschen, Hefeklößchen gedämpft und gebraten, Klebreisbällchen,
Sesambällchen und so weiter enthält. Allein diese Vielfalt einmal
durchzuprobieren, erfordert einige Besuche.
Dann folgen über 20 weitere Vorspeisen, die ebenfalls derart spannend
klingen, dass das Probierherz lacht: Rindersülze mit fünf Gewürzen,
Rinderinnerei mit scharfer Soße, in Streifen geschnittener Schweinemagen
mit Sojasoße, eingelegte Hühnerfüße, getrockneter Tofu mit Chilliöl,
Quallensalat mit acht Kostbarkeiten, Frittierte Erdnüsse. Auch die
Suppenvielfalt ist erstaunlich und reicht von der klassischen
Wan-Tan-Suppe über Abalonensuppe bis hin zu Fischmagen- und
Fischblasensuppe.
Bei den Hauptgerichten findet man schon eher das wieder, was wir hier in
Hamburg in den meisten Chinarestaurants vorfinden, aber es sind auch
hier Gerichte darunter, die ich noch nie auf einer Speisekarte gesehen
habe. Wie z.B. Dong-Po-Rou gedämpfter Schweinebauch nach Art des Hauses,
Schweinerippchen süss-sauer, geschmorter Ochsenschwanz, gebratene
Krebse, Sellerie mit Lilienblüten.
Wir hatten bisher bei all unseren Besuchen den Eindruck, dass hier kaum
auf die deutsche Zunge geachtet und authentisch gekocht wird. Beurteilen
können wir das nicht, wir waren noch nie in China, aber die Anzahl an
Asiaten, die dieses Lokal aufsuchen, spricht für diese Annahme. Im
großen Gastraum, der leider mit den allerschwersten Protzmöbeln
chinesischer Machart in dunklem dicklackiertem Holz ausgestattet ist -
und leider sind auch die Stühle längst nicht so bequem, so auffällig sie
auch aussehen mögen - befindet sich ebenfalls der übliche große
runde Tisch mit Drehteller in der Mitte. Wir haben schon des öfteren
beobachtet, dass sich hier eine fröhlich aufgekratzte Runde Asiaten
niederließ, um zu essen und zu trinken.
Das Restaurant verfügt über zwei Nebenräume, in denen meist asiatische
Geschäftsleute speisen, was dann zu einem deutlichen Anstieg an
Wartezeiten auf die eigene Mahlzeit führt. Man sollte also Geduld
mitbringen, aber es lohnt sich wirklich.
Die Bedienung in der "Ming Dynastie" ist freundlich und freut sich
riesig, wenn man es wagt, ungewöhnliche Gerichte zu bestellen. In Sorge,
man könnte eventuell enttäuscht sein oder zu viel der Schärfe ertragen
müssen, erläutert sie gern, um was für eine Speise es sich handelt.
Bei unserem letzten Besuch bestellten wir als Vorspeisen Schweinemagen
in Streifen (6,80) und vier Sorten gedämpfte Dim Sums (5,80). Der
Schweinemagen stellte sich als zartes in feine Streifen geschnittenes
Fleisch dar, welches vermutlich in Sojasauce oder einer anderen würzigen
Soße gegart worden war, dazwischen etwas Frühlingszwiebeln.
Eine leckere und zugleich kräftige Vorspeise. Die Dim Sums waren
unterschiedlich geformt und gefüllt und schmeckten allesamt sehr gut,
ohne dass man hätte sagen können, was genau in den Teigtaschen
untergebracht worden war.
Unsere Getränke, ich einen Ingwertee (2,60) und Ehemann ein Alster
(3,10) waren unauffällig.
Als Hauptgerichte wählten wir gebratene Reisnudeln (14,50) nach
Qing-Tian-Art und Ente kross gebacken mit diversen Gemüsen (13,50).
Nur am Rande sei erwähnt, dass auch die uns allen bekannte Pekingente
auf der Karte steht für 23,00 Euro mit einer halben Ente, Pfannkuchen,
Gurken, Frühlingslauch und Hoi-Sin-Sauce. Ob man diese genauso
vorbestellen muss, wie das Peking-Enten-Menü, vermag ich nicht zu
beantworten. Das Menü ist bereits für 25 Euro erhältlich.
Reisnudeln
Ente
Die superfeinen Reisnudeln waren mit viel Gewürz, Fleisch und Zwiebeln
gut in Fett gebraten und schmeckten einfach nur köstlich. Dasselbe
können wir von der Ente berichten, dass deren Haut schön kross, das
Fleisch trotzdem saftig geblieben war und reichlich davon auf einem
Gemüsebett thronte. Beide Hauptgerichte stammten nicht aus der Abteilung
exotisch, aber sie waren von guter Qualität und manchmal möchte man ja
einfach nur Ente essen und gebratene Reisnudeln, so wie man es eben halt
schon kennt. Da wir ganz bestimmt laufend wieder kommen werden, ist ja
noch genug Zeit für das Ausprobieren weiterer spannender neuer Gerichte
aus der "Ming Dynastie".
Genussanwältin
Ergänzend im November 2017 hier noch der
Hinweis vom genussgenie, dass es in der Ming-Dynastie von Montag
bis Freitag auch einen preiswerten Mittagstisch gibt - nicht
herausragend, aber doch deutlich besser als üblich. Vorweg wird in jedem
Falle die bekannte Sauer-Scharf-Suppe serviert, eher säuerlich denn
merklich scharf, dafür mit reichlich klein gefitzelter Geflügeleinlage:
Diese Mittagsmenüs liegen preislich bei rund 7
Euro. Empfohlen werden kann das knusprig gebackene Schweinefleisch, das
seine Knusprigkeit in der vollmundigen und süßen Soße leider schnell
verliert und auch die sehr saftige und fleischige Entenbrust auf Gemüse
(gibt es auch als Hauptgericht):
Schweinefleisch
Ente
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Im Rahmen der Pandemie
wird ja allerorten in der Gastronomie mit wenig Personal gearbeitet, so
Anfang März 2022 auch hier: Mutter und Sohn schmeißen den Laden, sehr
freundlich und zuvorkommend zwar, aber entsprechende Wartezeiten sollte
der Gast einkalkulieren.
Nach wie vor ist die Küche nicht so sehr auf den europäischen Geschmack
geeicht, viele Gerichte sind authentisch und vor allem nicht
überzuckert.
Von den Vorspeisen sind die klassische Sauer-Scharf-Suppe und der
Quallensalat zu empfehlen, er bietet erstaunliche Knackigkeit und kommt
recht sellerielastig daher. "Edamame junge grüne Bohnen" bereitete
ebenfalls Freude.
Gut, aber nicht herausragend die Dim Sum (Teigtaschen) mit herzhaften
bis süßen Füllungen:
Von den Hauptgerichten überzeugte uns nur ein einziger Gang: Doppelt
gebratenes Schweinefleisch (12,80 €). Das war sehr knusprig, zart und
von einer feinwürzigen Sauce umringt:
Ebenso knusprig kamen die "Schweinerippchen gebraten mit
Süß-Sauer-Sauce" (15,50 €) auf den Tisch - allerdings knarztrocken, ohne
jegliche Sauce, so dass wir uns mit Sambal Oelek behalfen. Zudem waren
die Rippchen sehrstark paniert, man konnte sie also nicht einfach essen,
ohne auf unsichtbare Knochen zu beißen:
Für Vegetarier mag sich die geschmorte Aubergine nett anhören, aber auf
dem Teller fand sich nur ziemlich fader Gemüsematsch:
Gerettet haben das Ganze am Ende die gebackenen Bananen:
Ming Dynastie
Wandsbeker Königstraße 19-21,
22041 Hamburg
Tel. 040 69 21 99
Es existieren auch zwei Filialen in Berlin.