Likedeeler / Steenodde (Amrum)

 

  

Feinschmecker hatten es nie leicht auf Amrum, und seit der Schließung des 'Weltenbummler' in Steenodde ist ihr Los noch schwerer geworden. Daher verwundert die Tafel vor dem Likedeeler mit der Aufschrift 'Wir sind voll', verbunden mit einer Aufforderung zur Reservierung, kaum.
Wir reservierten also Anfang September 2019 und kamen so tatsächlich zu Plätzen, während viele Spontangäste abgewiesen und vertröstet wurden.


Das Ganze wirkt außen wie innen recht rustikal, wir erwarteten eine Art gehobener Landhausküche und genau die bekamen wir dann auch. Als Küchengruß kredenzte ein freundlicher Kellner wunderbar milden und zarten Matjes in einer Sahnesauce:


Als Vorspeise gab es ein Schüsselchen 'Likedeeler Meeresbrühe', (8,90 €)eine Fischsuppe mit 'Grießklößchen, Fenchel, Tomaten und me(e)hr, mit Pernod parfümiert'. Sehr lecker, bemerkenswert leicht, mit feinen Filetstückchen und deutlichem Basilikum- und Dillaroma, dafür war vom Pernod nichts zu bemerken:


Die Schollenfilets "Gärtnerin", zwei Stück, in 'Butter gebacken, angerichtet auf leichter Estragon-Senfsauce und Schmorgurken mit Tomatenwürfeln, dazu Kartoffel-Rote-Beete-Stampf', überzeugten mit großer Saftigkeit. Der Kartoffelstampf kam zwar vollmundig, aber auch sehr stückig daher. Die angekündigte leichte Estragon-Senfsauce entpuppte sich als eher gewichtige Mayonnaise - die sollte der Koch künftig weglassen, Zitrone genügt:


Tadellos kam der Wildschweinrücken (22,90 €) an den Tisch, überraschte mit kräftigen Röstaromen, feiner Struktur und nicht zu deutlichem Wildgeschmack - sehr lecker! Als Beilage gab es Bratkartoffeln in der Pfanne, wie sie besser nicht sein könnten. Gut dazu machte sich der offene Rioja Crianza (6,50 €):



Beim zweiten Besuch, natürlich auch nach einer Reservierung, bekamen wir eine beherzt gewürzte Kürbissuppe als Gruß aus der Küche:


Die bestellten Schweineldendchen „Schleswig-Holstein,
aufgespießt und gegrillt mit Zwiebeln, Speck und Pflaumen, dazu Holsteiner Schnippelbohnen in Sahnesauce und knusprige Bratkartoffeln aus der Gusspfanne" (19,90 €) erfreuten auf ganzer Linie: Zartsaftige Lendchen mit deutlichem Grillaroma - und wieder gab es die bewährten Bratkartoffeln:


Preislich ambitioniert (23,90 €) schien uns das Kabeljaufilet in Butter gebacken, serviert mit Büsumer Krabbenkraut und einem sahnigen Kartoffelpüree. Zwar fanden sich tatsächlich viele kleine Krabben im wohlschmeckenden Kraut, das Filet selbst jedoch war nicht übermäßig saftig und enthielt sehr viele Gräten - damit sind mehr als zwanzig gemeint. Eine entsprechende Anmerkung bewirkte beim Kellner ('Alles recht, der Herr?') jedoch nur einen schwer beleidigten Gesichtsausdruck.


Angesichts der leider stark zunehmenden Verköterung der Insel leistet der Betreiber lobenswerten Widerstand: Hunde sind hier nicht erlaubt, auch keine ganz kleinen.
Insgesamt ein lohnender Besuch, es gibt hauseigene Parkplätze - von dort aus kann man nicht nur das Meer, sondern in einiger Entfernung auch die Kirche von Nebel betrachten.

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Im September 2024 erwartete uns eine frische, gut gelaunte Jungherrenmannschaft - und auch das Restaurant selbst hatte sich verjüngt. Der alteichene Kneipencharme war ein einem helleren Bistroambiente gewichen, passend zur Küchenausrichtung.


Die Weinauswahl ist schmal, das Gewicht liegt auf gefälligen, halbtrockenen Tropfen. Wir fanden immerhin noch einen bissigen Franzosen (Corbieres, € 10,90 / 0,2l). Getränke sind selbstbewusst kalkuliert, Bier findet sich preislich quasi auf Münchner Wies'n-Niveau. Dafür gibt es eine Wasser-Flatrate (7,50 €), sehr löblich! Champagner war aus, sodass wir auf einen hervorragenden Pinot-Sekt auswichen.

Es gibt neben der normalen Karte auch ein wöchentliches Angebot, das allerdings vor Ort oft eingeschränkt wird - bei beiden Versuchen (1x Steinbeißer, 1x anderer Fisch) wurde schließlich nur Kabeljau angeboten, die angekündigten Muscheln gab es ebenfalls nicht.

Immerhin konnten wir, nach kleiner Kürbissuppe als Gruß aus der Küche, eine paar sehr schöne Kalbsleber-Tranchen (28,90 €) von der Wochenkarte bekommen: wunderbar zart und doch mit deutlichen Röstaromen. Dazu ein großartiger Kartoffelmus, der keine Zweifel hinsichtlich der Kartoffelqualität aufkommen ließ.

Gleiches galt für die aromatischen Pellkartoffeln, die zur 'Kutterscholle' (30,90 €) serviert wurden, neben knackig würzigem Gemüse und etwas zu süßlich benetzten Salatblättern. Die saftige, weißfleischige Scholle war auf den Punkt gebraten, erinnerte allerdings an eine Maischolle und hätte wirklich nicht kleiner sein sollen:


Das hübsch anzusehende Beeren-Tiramisu (13,90 €) zum Nachtisch bestand aus einer offenbar ungesüßten, leicht aufgeschäumten Mascarponecreme, ein paar blauen Beeren als einzigen Geschmacksträgern und knallharten Bisquitstücken, die wohl ein paar Tropfen Kaffee gesehen hatten. Da war nichts durchgezogen oder gar aromatisch lecker, kurz: Ein Desaster.


Beim nächsten Besuch konnte der Caesars Salad mit Hühnchen (24,90 €) punkten: Genial abgestimmtes Dressing mit feinen Parmesanstückchen und Nüssen, dazu festes Hühnerfilet auf knackigem Salat.


Die Bouillabaisse von Nordseefischen (29,90 €) überzeugte mit feinem, mildem Geschmack und reichlich Einlagen von Muscheln und Fischfilets, war aber natürlich nicht frisch zubereitet. Leider hatte man beim Aufwärmen gepatzt, sodass einige Suppenteile sehr heiß, andere jedoch noch kalt waren.


Die Nachtische kamen ohne Tadel an den Tisch, die Crema Catalana sehr klassisch und das Rumtöpfchen mit Eis sehr rund abgestimmt und lecker.


Kartenzahlung ist hier nicht möglich, Reservierung unbedingt empfohlen. Einen kleinen Shop mit Likedeeler-Rum, -Wein und -Marmelade gibt es auch.

 

Gastwirtschaft Likedeeler
Stianoodswai 29
25946 Amrum / Steenodde

Tel. 0 46 82 - 777 (ab 16.00Uhr)

 

 
 
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