Herr He

Wir wollten schon immer einmal dorthin. Dieses sehr nahe dem
Hauptbahnhof gelegene Restaurant bekam in den letzten Jahren des öfteren
sehr gute Kritiken und zwar besonders für die Dim Sum. Dann kam Corona
und jede Menge anderes dazwischen und plötzlich las man in der Zeitung,
dass der Inhaber gewechselt habe. Ob der Nachfolger dem alten Konzept
treu blieb und vor allen Dingen, die immer wieder gepriesenen Dim Sum
unverändert im Programm beließ, vermag ich infolge fehlender
Vergleichsmöglichkeiten nicht zu sagen.
Erfreulicherweise ist der Nachfolger bereit, Reservierungen anzunehmen,
was uns dann ermöglichte, gleich zu viert die insgesamt 12 verschiedenen
Dim Sum zu probieren. Nummerisch aufsteigend hier nun das, was wir
serviert bekamen:
605 Ciu zau fan gwo - Gedämpfte Teigtaschen mit Gemüse, Krabben
und Erdnüssen gefüllt. Frische gut gefüllte Teigtaschen, die nicht nur
wegen der Erdnüsse perfekt komponiert waren (6,50 €):

607 Siu maai -Gedämpfter Teig mit Hühnerfleisch und Krabben.
Derartige Dim Sums habe ich schon öfter gegessen, diese hier schmeckten
frisch zubereitet und gut gewürzt und saftig (6,50 €):

610 Si zap paai gwat - Gedämpfte Schweinerippchen in
Schwarzbohnensoße
Während die Knorpeligkeit der Rippchen etwas nervte und leider dadurch
den Eindruck vermittelte, an sehr einfaches Fleisch geraten zu sein,
entschädigte die Sauce, mit denen sie umhüllt waren, für alle
Widrigkeiten. Hervorragend austariert (6,30 €):

618 Ngau juk zak - Gedämpfte Rinderrippchen mit schwarzem
Pfeffer.
Die Qualität des Rindfleischs war durchaus gewöhnungsbedürftig.
Selbstverständlich erwartet man zu viel, wenn die Fleischstückchen, die
jeweils an den Knochen hingen auch noch die Zartheit eines Rinderfilets
aufweisen sollen. Andererseits sind 8,80 € ja auch nicht gerade im
unteren Drittel der Dim-Sum-Preisgestaltung angesiedelt. Das Fleisch war
teils doch recht widerspenstig und auch hier riss die verflucht gut
mundende Sauce das Ganze wieder heraus:

626 Saang zin baau - Gebratene Brötchen mit Schweinefleisch,
Chinakohl, Ingwer, Sesam und Lauch gefüllt. Ein Brötchen, welches nicht
nur frisch gebacken war, sondern auch sich geschmacklich deutlich von
demjenigen der Nr. 628 unterschied. Die Idee, es dann abschließend
nochmals zu braten, fand sehr viel Anklang und passte ideal zur
verhaltener als gewohnt schmeckenden Füllung. Ein perfekter Dim Sum
(6,30 €):

628 Lau saa baau - Gedämpfte Brötchen mit Eierpaste. Eine nette
Idee, diese Brötchen so zu dekorieren, dass sie wie Schweinchen
aussehen. Man erwartet herzhaft Salziges und wird überrascht mit würzig
Süssem, wobei ich auch unter Folter nicht einräumen könnte, dass es
sich, wie auf der Speisekarte behauptet wird, um eine Eierpaste handelt.
Es hatte eher einen fruchtigen Geschmack. Das Brötchen hervorragend
frisch und einen Hauch in Richtung der sonst bei den Dim Sum üblichen
gedämpften Brötchen gehend, aber geschmacklich deutlich edler (6,80 €):

629 hung mai coeng - Rote Reisteigrollen mit knusprigen Garnelen
gefüllt.
Ungewöhnlich die Farbe, geschmacklich jedoch wie die normalen
Reisteigrollen. Aber die Füllung hielt eine Überraschung bereit, denn
innen befanden sich in sehr knusprigem Teig eingehüllte Krabben,
sozusagen eine Inside-Out-Variante von außen knusprig und innen weich
(8,30 €):

631 Sin haa coeng fan - Reisteigrollen mit Garnelen gefüllt.
Auffällig war, dass jede Dim Sum - Füllung üppig ausfiel, so auch hier.
Dennoch von allen Dim Sum das unauffälligste (7,50 €):

634 Haa mai coeng fan - Reisteigrollen gefüllt mit Lauch und
getrockneten Krabben. Der Geschmack diese Teigrollen ist bekannt und
wich auch bei Herrn He nicht vom Üblichen ab, innen allerdings
überraschte wiederum eine sehr gut komponierte Füllung (6,90 €):

651 Zaa haa gok - Gebackene Wan-Tan-Teigtaschen gefüllt mit
Bambus und Garnelen. Knusprig mit viel Füllung und wie übrigens durch
die Bank weg alle Dim Sum gut abgeschmeckt (6,80 €):

653 Wu gok - Gebackene Taroteigpastetchen gefüllt mit Soße und
Hühnerfleisch. Ein Dim Sum, wie ich es noch nie zuvor gegessen habe.
Krosse, sofort in sich zerfallende feine Teigfäden, die sich auf der
Zunge wie sandig anfühlten, mit einer eher verhaltenen Füllung.
Ungewöhnliches, gelungen komponiertes Dim Sum (6,80 €):

669 gau coi beng - Bärlauchteigfladen mit Garnelen.
Ein zwar optisch schön anzusehendes Gericht, weil der dunkelgrüne
Bärlauch sich kontrastreich vom hellen Teig abhob, aber leider ein
geschmacklich eher flacheres Dim Sum. Der Bärlauch gab aromatechnisch
fast nichts her, die Freundin merkte an, dass man doch reichlich mit dem
Frittierfett gearbeitet hatte, was übrigens auch für die anderen
frittierten Dim Sums galt - und ohne die süßsaure Sauce hätte es gehörig
an Geschmack gefehlt (6,90 €):

Insgesamt war es trotz vereinzelter Schwächen ein Erlebnis, die
kreativen Dim Sum zu essen. Alle wirkten durchweg frisch und
hausgemacht. Anzumerken bleibt noch, dass an einem Samstagabend (aber
vielleicht auch an den Werktagen) der Lärmpegel des stets vollbesetzten
Restaurants zuweilen unangenehm auffällt. Auf der anderen Seite hatte es
auch etwas Heimeliges. Um uns herum wurde mit viel Freude gegessen und
je weiter der Abend voranschritt, desto mehr Asiaten trafen ein, kein
Tisch blieb leer. Dort Dim Sum essend, was eher traditionell etwas für
das Frühstück und Mittagessen ist, so las ich, verfolgten wir mit
neugierigen Blicken all die köstlich aussehenden Hauptgerichte, die an
die Tische getragen wurden. Könnte mir gut vorstellen, dass man hier
nicht nur hervorragende Dim Sum bekommt. Alle Gerichte kamen übrigens
zügig an den Tisch, überhaupt agierte der Service flott und
freundlich.Aam Ende schenkte man uns noch eine Kugel Sesameis, welches
wohltat, weil es nicht so pappsüß daherkam:

"Wir kommen wieder, Herr He!"
Genussanwältin


Herr He
Ernst-Merck-Straße 10
20099 Hamburg
Tel.: 040 243 526