Caroussel im Hotel Bülow Palais

 

 

Das Restaurant liegt unweit der Altstadt, allerdings müssen Autofahrer seit April 2017 wegen Sperrung der Augustusbrücke einen kleinen Umweg in Kauf nehmen.
Man sitzt in einem glasüberdachten Raum - wohl einem ehemaligen Innenhof - mit nur acht Tischen und kann sich über das freundliche und sehr kenntnisreiche Personal freuen.

Das Publikum bestand größtenteils aus gepflegten Leuten. An einem der Tische allerdings saßen laute Halbstarke aus einer ehemaligen Sowjetrepublik mit schmierigen langen Haaren an ihren Handys. Bekleidet mit orangefarbenen Jogginghosen, wirkten sie ein wenig fehl am Platze und wir fragten uns doch, was die Restaurantleitung bewogen haben mochte, derlei seinen Angestellten und den Gästen angedeihen zu lassen.

Die Weinpreise sind moderat kalkuliert, für einen ordentlichen Saale-Unstrut-Weissburgunder haben wir gut dreißig Euro gezahlt.


Laut Selbstbeschreibung kocht Sternekoch Biedlingmaier "eine klassisch-französische Küche, farbenfroh und spielerisch angerichtet mit einer leicht femininen Optik."

Das Menü selbst, eröffnet mit einem bunten Gruß aus der Küche (Ziegenfrischkäse in weißer Schokolade, Gazpacho, Saiblingsrolle) sowie einem gelben Jakobsmuschel-Granité, wies bis auf immer wiederkehrende Mini-Stiefmütterchen (feminine Optik?) in hellblau keinen roten Faden auf. Dafür überzeugten fast alle Gänge durch filigrane Zubereitung und höchste Produktqualität. Das begann schon bei den Vorspeisen: Die Tafelspitzsülze mit Frankfurter Grüner Sauce und gefrorenem Wachteleigelb kam in großer Zartheit und ausgewogener Säuerlichkeit daher:

 

Sehr gewagt, aber auch sehr gelungen "Faux Gras", eine vegetarische Version der Gänseleber aus Cashewkernen - hinsichtlich der Konsistenz nicht vom Original zu unterscheiden, hinsichtlich der Geschmacksfülle nur marginal. Grandios!


Beim wilden Brokkoli mit Grießflan war von Wildheit wenig zu bemerken, um so mehr überraschte der kräftige Dashisud.


Helles Licht gebiert zuweilen dunkle Schatten; letztere fanden sich in der viel versprechenden, jedoch auf dem Teller völlig nichtssagenden Komposition "Blutwurst mit Stockfischbrandade und Apfelfond". Sämig-weiche Wurst auf einem neutralen Fischmus mit fast aromafreiem Apfelsaft - ein hübsches, aber total langweiliges Trauerspiel:

Vielleicht würden ein knuspriges Anbraten der Wurst und eine Verdreifachung des Apfelanteils helfen. Und: 28,- Euro für diesen unterirdischen Gang als Tellergericht gehen gar nicht!


Glücklicherweise tröstete uns alsbald üppige Ochsenbäckchen mit Ingwer und Pastinake, das wunderbar zart und fein aromatisiert der Zunge schmeichelte.

Noch besser wurde es mit dem anschließenden Dry-Aged Kalbsfilet, dem allerdings nur ödes Lauch und ein paar Pilze beilagen. Dafür war das Fleisch exakt auf den Punkt gereift und gegart, voll und rund im Aroma, besser geht es nicht:


Erfrischend, aber unspektakulär erfreuten dann die Nachtischvariationen unsere Gaumen, "Gurke, Granny Smith & Sesam" und "Knäckebroteis, Petersilie & Preiselbeere".


Das 5-Gänge-Menü schlug mit 110,- € pro Person zu Buche, allemal angemessen. Der Gault Millau 2017 hat verdiente 17 Punkte vergeben.

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Vor ein paar Jahren hat man das Restaurant mit dem Bistro vereinigt, umbenannt und nutzt auch nicht mehr den schönen Wintergarten dafür - im gleichen Zeitraum ging auch der Michelin-Stern verloren. Dennoch wird hier auf hohem Niveau gekocht. Das Personal im gut besuchten Restaurant agiert freundlich und humorvoll, die Weinpreise entsprechen den Erwartungen in einem 5-Sterne-Hotel.
In Erinnerung an das große Vergnügen mit der 'Faux Gras' (aus Cashew) vor ein paar Jahren freuten wir uns, dass dieser Gang sich noch immer auf der Karte fand:

Allerdings bot er im Mai 2025 nicht nur optisch wenig Vergnügen, denn im Grunde lag da nur grau- unansehnliche, geschmacksarme 'vegane Leberwurst' auf dem Teller. Dazu gab es zwei offenbar aufgewärmte, vertrocknete Brioche-Scheiben.


Besser wurde es mit dem zweiten Gang, der Spargelsalat überzeugte auf ganzer Linie: Der grüne und weiße Spargel war auf den Punkt gegart und wunderbar knackig, der feine Estragondip eine geniale Kreation dazu:


Bei der Sächsischen Fischsuppe blitzte sogar die vergangene Sterneküche durch, eine sehr gelungene, filigrane Komposition der 'Bouillabaisse'. Keine rustikale Version, sondern eine besonders filigrane:


Das eigentlich recht aromatische Hühnchen kam leider übergart und damit zu trocken daher. Leider hatte man auch noch mit der Sauce gegeizt. 'Coq au vin' sollte im Normalfall selbst ein Lehrling hinbekommen:


Der ansehnliche Nachtisch (Rhabarber, Joghurt, Verbene) war so weit nett und von durchaus interessanter Textur, insgesamt aber unspektakulär. Die 75 € für das Viergang-Menü erscheinen gerade noch angemessen.


 

 

Caroussel Nouvelle im Bülow Palais
Königstraße 14
01097 Dresden
Telefon: +49 (0)351 8003-140

 
 
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