Bullerei


Im Grunde genommen wollten wir schon immer mal hin, obwohl ich Lokalitäten, um die ein irrer Hype gemacht wird, meist meide.
Wir erschienen unangemeldet nach 15 Uhr, was bedeutete, dass weder die
Mittags- noch die Abendkarte zum Zuge kamen, sondern eine Art kleine Nachmittagskarte mit wenigen Gerichten. Das Ambiente der Bullerei ist gewollt rustikal, fast schon affig auf trendy getrimmt und strömt den Charme einer alten, zum Teil gemütlichen Halle aus. Was sich mir nicht erschloss, waren die kleinen Ecken und Flächen, die vermutlich bewusst nicht geputzt wurden, um die Atmosphäre einer ehemaligen Werkshalle zu erhalten, in der tüchtig gearbeitet wird. Ich fand es deswegen etwas schmuddelig und unappetitlich. Das noch reichlich vorhandene Publikum setzte sich aus den Mittagsschnäppchenjägerinsidern zusammen, denn mittags gibt es "eine Suppe vorweg, einen Hauptgang nach Wahl und das Tagesdessert und alles für 5,00 Euro mehr als das ausgewählte Hauptgericht."
Und der Rest der Gäste waren Leute, die wie wir einmal schauen wollten, was Herr Mälzer für eine Fressbude unterhält und wie es dort schmeckt.


Die reichlich burschikos auftretende Bedienung war ruppig und unaufmerksam. Teils waren die grob wirkenden Tische in Weiß eingedeckt, teils nicht, ein für mich undurchschaubares System. Auch wurden bestimmte freie Tische nicht wieder vergeben, wurden aber auch nicht mit einem "reserviert"-Schild versehen. Am nur wenige Zentimeter von uns entfernt stehenden Nachbartisch erhielten ein Vater mit seiner Tochter ihr Essen zeitlich deutlich nach uns, obwohl wir nach ihnen gekommen waren. Da wir so nahe aufeinander saßen, ergab sich automatisch ein Gespräch. Um die Bedienung an unsere Tische zu locken, bildeten wir zudem eine verschworene Vierergemeinschaft, weil die überlasteten Kellnerinnen uns trotz des abebbenden Gästestroms kaum beachteten.
Wenn wir nicht so hungrig gewesen wären und obendrein kaputt vom durch die halbe Stadt laufen, wären wir vermutlich schon wegen des unterirdischen Services wieder gegangen. Dass es andere Gäste nicht taten, lag vermutlich daran, dass viele Herrn Mälzer bewundern und von daher eine große Fanportion Nachsicht mitbrachten. Genug der Ironie, es gab eine interessant verpackte Zitronenlimonade, die recht rustikal aussah, aber sehr gut schmeckte und mein Partner trank ein Maisel's. Überhaupt war die Getränkekarte mit einigen spannenden Neuheiten ausgestattet.

 

Wir bestellten "Big Burger" für 16,90 Euro laut Karte mit Tomaten, Rinderhack, Räuchermayonaise, doppelt Käse, doppelt Bacon, frische rote Zwiebeln, Rucola, geräucherte Kartoffeln mit Speck-Dip, die dann nach ca. 40 Minuten an den Tisch gebracht wurden. Sehr saftig, viel Soße, Kartoffeln sollten geräuchert gewesen sein, auf der Zunge konnte ich das aber nicht ausmachen. Die Zwiebel-Schmand-Stibbe war geschmacklich in Ordnung, aber keine Überraschung, das Burgerfleisch von guter Qualität und Geschmack, fest und würzig, der Brötchendeckel kross und erstaunlich aromatisch im Geschmack, die Baconstreifen super knusprig und ebenfalls von guter Qualität, die untere Brötchenhälfte war natürlich durchgeweicht.

 

Alles in allem eine gut sättigende Portion und ein rundum geschmacklich gelungenes Gericht, das ich dem Stil einer deftigen gut bürgerlichen Küche zuschreiben würde.
Mein vernaschter Lieblingsehemann musste natürlich noch was Süsses hinterherordern und erhielt Oma's Kokos-Kuchen, der sich als feine Fruchtschicht zwischen Rührblechkuchen mit Kokos-Vanillepudding-Buttercremeschicht herausstellte und so schmeckte, wie wenn meine von mir hoch geschätzte Großmutter ihn gebacken hätte. Er war tagesfrisch. Wenn nicht die Burgerportion schon zur guten Sättigung beigetragen hätte, hätte mein Mann sicherlich noch ein Stück Kuchen für mich geordert, um mir dann kräftig beim Telleraufräumen zu helfen. Aber so blieb es bei diesem tadellos gebackenem Einzelstück.


Fazit: Wer Tim Mälzer Fan ist und schon deswegen bereit ist, über einige Servicemängel hinweg zu sehen, bekommt gute junge Hausmannskost, hergestellt aus frischen Produkten.

Genussanwältin



Bullerei
Lagerstraße 34 b
20357 Hamburg
Tel. 040 33 44 2 110

Deli ab 11 Uhr geöffnet, Mittagstisch Deli 12-15 Uhr, ab 18 Uhr Restaurant

 


 


 


      

 
 
genussgenie.de