La Brasserie Printemps

 

  

Eigentlich sind die Regeln klar, denn ein mehrsprachiges Schild am Eingang im 6. Stock bittet die Gäste, zu warten, bis eine Hostess sie an einen Tisch geleitet. Besonders Engländer und Amerikaner stürmen aber offenbar lieber ohne Wartezeit an irgend einen freien Tisch und sorgen so für ein gewisses Chaos. Dabei war die Hostess in ihrem eng anliegenden, betont schlicht schwarz-grauen Kostüm durchaus ansehnlich - wenn man den Typ 'Audrey Hepburn' mag.
Sie brachte uns an einen Tisch und reichte die Speisekarte (französisch und englisch). Allerdings muss man sich in dieser Brasserie zunächst einsortieren und tief Luft holen, so gewaltig ist der Eindruck der hohen Kuppel (von 1923), unter der die Tische Kreisförmig angeordnet stehen - in derart reichlich umbautem Raum speist man selten.


Zur Mittagszeit ist viel los, der Service meistert das souverän, freundlich und mit bemerkenswert großem Verständnis für Leute, denen die französische Sprache nur bruchstückhaft zur Verfügung steht. Etwa die Hälfte der Gäste dürfte aus Einheimischen bestehen.
Die Karte ist überschaubar, für zwei Gänge sollten mittags knapp 25,- Euro kalkuliert werden, ein Glas mittelprächtiger Côtes du Rhône kostet um die 5,- Euro. Kostenlos gibt es wie üblich auf Bestellung une carafe d'eau (Leitungswasser).

 

Das Rindercarpaccio war von traumhafter Qualität, eingebettet in herzhaftem grünen Pesto, überstreut mit reichlich frischem Parmesan und garniert mit Feldsalat sowie einem pochiertem Ei:

 

Auf fast jedem dritten Tisch war der Cesar-Salat mit Huhn zu entdecken - nicht ohne Grund. Zarteste Innenfilets von Hühnerbrüsten überzeugten mit intensivem Geschmack, feines Dressing, Parmesan und knusprige Croutons rundeten das Ganze ab. Von einem Salat darf erwartet werden, dass sich nur mundgerechte Stücke auf dem Teller befinden, leider lagen die drei ausgewählt schönen Rispen vom Römersalat unzerteilt auf dem Teller und waren nicht ohne massiven Messereinsatz zu bewältigen.
 

 

Apropos Messer: Das Besteck ist dermaßen unglücklich geformt und hat seinen Schwerpunkt so weit hinten, dass es regelmäßig samt Griff in die Tunke rutscht, sobald es auf dem Teller abgelegt wird.

Ein hübscher Sattmacher ist der Makkaroni-Turban, auf den Punkt gratinierte Nudeln mit Parmesan und orientalisch-scharf gewürztem Feldsalat. Der allerdings sollte sehr zügig niedergemacht werden, sonst verkommt er angesichts der starken Hitze zu matschiger Salatsuppe.

 

Crème brûlée ist heutzutage nichts besonderes mehr, man bekommt sie, oft leider als faden und viel zu kalten Pudding, fast an jeder Ecke. Diese jedoch ist eine echte Ausnahme: Nicht zu glatt auf der Zunge, nicht zu süß, dafür sichtbar mit einer enormen Menge Vanille aromatisiert, mit deutlicher Kruste versehen, wohltemperiert und glücklicherweise - großzügig portioniert.

 

Wer in Fensternähe sitzt, kann neben den Leckereien einen atemberaubenden Blick über die Pariser Innenstadt genießen, rechts im Hintergrund die Basilika Sacré-Cœur auf dem Hügel des Montmartre:

 

Insgesamt ein gutes, parmesanlastiges und vergleichsweise günstiges Angebot in sehr beeindruckendem Ambiente.

 

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Manche Dinge ändern sich nie - und bei manchen Dingen, nicht bei allen, ist das auch gut so. Hier in der Printemps-Kuppel ist im August 2013 alles beim Alten geblieben. Das Ambiente, die Karte, die Preise, sogar das Tagesmenü sind seit unserem letzten Besuch vor drei Jahren in unverändertem Zustand. Bei so viel gelebter Kontinuität mochten wir nicht zurückstehen, wählten das gleiche Tagesmenü wie vor drei Jahren und wurden wie damals nicht enttäuscht: Zarteste Fleischqualität traf auf sorgfältigste Bearbeitung.


Und wie immer wurde beim Parmesankäse nicht gespart. Einzig beim Nachtisch ist die zu niedrige Temperatur zu bekritteln, Kälte bekommt einer (ansonsten sehr gelungenen und reichlichen) Crème brûlée beim besten Willen nicht.


Inzwischen hat sich in vielen Pariser Lokalen ein so genannter 'Café gourmand' als Nachtisch etabliert. Das ist meistens ein Espresso mit allerlei Leckereien, die die Pâtisserie des jeweiligen Hauses hergibt, serviert auf einem einzigen Tablett. Hier sah er so aus und seine 8 Euro allemal wert:

La Brasserie Printemps
64 Boulevard Haussmann,
6° étage du Printemps de la Mode, 75009 Paris

+33 1 42 82 58 84

 
 
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