Bembergs Häuschen / Burg Flamersheim
Hätte nicht ein wüster Scheidungskrieg, der sich vor dem Familiengericht
in Siegburg und in der nächsten Instanz vor dem Oberlandesgericht in
Köln abspielte, dazu geführt, dass ich des öfteren dort vor Ort zu sein
hatte, wäre ich vermutlich nie über die Burg Flamersheim gestolpert, die
angenehmstes Nachtquartier und die beiden noch angenehmeren Restaurants
Eifflers Zeiten, ein Landgasthof und Bembergs Häuschen, das
michelinbesternte Gourmet-Restaurant vorzuweisen hat.
Keine Ahnung, ob man nun von Köln und Siegburg aus, denn die Lokalität
liegt südlich von Köln, eine Dreiviertelstunde oder mehr zu fahren hat,
für mich war es eine passable Entfernung zu beiden Familiengerichten und
da die Burg Flamersheim eingebettet in einer wunderbar grünen ruhigen
Landschaft liegt, war nicht nur Kulinarik garantiert, sondern auch
erholsame Nachtruhe. Tatsächlich hört man nachts dort nur noch das
Knacken der Bäume, Laubrascheln und ein paar im Schlaf träumende Vögel.
Und sonst nichts.
Auf seiner Homepage informiert Herr Oliver Röder lesenswert über die
Historie der Burg Flamersheim, die schon Mitte des 11. Jahrhunderts als
sog. Fronhof existierte.
Gegessen wird allerdings nicht in der Burg, sondern im angrenzenden
Gutshof, wobei Herr Röder seine Küche geschickt zwischen dem Landgasthof
"Eifflers Zeiten" und dem, ich vermute einem ehemaligen
Gutsverwalterhäuschen, "Bembergs Häuschen" platziert hat, so dass er zu
beiden Seiten "austeilen" kann. Das ganze Ensemble aus Burg,
davorliegendem kleinen See, der Gartenlandschaft mit den riesigen Bäumen
und den gastronomisch genutzten Gebäuden wirkt höchst stimmig und
gastfreundlich. Alles strahlt Heimeligkeit aus, ohne auch nur eine Spur
kitschig zu wirken. Was uns aber am meisten beeindruckt hat, ist der
herzliche Umgang mit den Gästen gewesen. Alle Personen, denen wir
begegneten, strahlten das Gefühl aus, gerne auf der Burg zu sein und
dort zu arbeiten.
Bevor ich mich dem Highlight, dem 7 gängigen Menü des Herrn Röder
zuwende, noch ein paar lobende Worte zum Gasthof "Eifflers Zeiten". Ein
wuchtig hoher Raum mit Blick bis in die Dachbalken, stimmige rustikale
Möblierung und seitlich ein Prunkstück von Ofen, in dem in mehreren
Etagen laufend Kartoffelflammkuchen frisch gebacken wird. Das rustikale
Landbrot, welches, wie ich später von Herrn Röder erfuhr, ein
Familienrezept ist, wird extra für ihn in Bitburg gebacken, begleitet in
den "Eifflers Zeiten" wie auch im "Bembergs Häuschen" die Speisen und
ist leider ein derartig gut schmeckendes knusprig würziges
Sauerteigbrot, dass man leicht zuviel davon isst. In den "Eifflers
Zeiten" kann man schmackhaft ländliche Küche genießen. Das Lokal ist
jederzeit einen Ausflug und Umweg wert.
Nun endlich das Gourmetmenü, welches wir am Donnerstag, den 17.
September 2015 in "Bembergs Häuschen" verspeisten:
Wir waren zu unserer Überraschung die einzigen Gäste, im weiß
eingedeckten gemütlichen gastlichen Restaurant, aber "unsere" Bedienung
teilte uns fröhlich mit, dass dies doch wunderbar sei, so könne sie sich
um uns viel intensiver kümmern und dass es etwas ruhiger zuginge, sei
gut so, denn die folgenden Tage seien ausgebucht. Ich muss gestehen, mir
tat es trotzdem etwas leid, dass nur für uns der ganze Aufwand betrieben
wurde, aber, dies schon vorneweg, es war ein gelungener Abend, mit viel
anregendem Gespräch und alles in herzlichster Atmosphäre. Wir wurden
behandelt wie Freunde. Und wer weiß, vielleicht werden wir nie wieder
ein so überraschend informatives Gespräch mit Herrn Röder führen können,
der uns entwaffnend freizügig berichtete, wie kompliziert es ist, neue
Ideen für witzige perfekte Gerichte zu finden und vor allen Dingen die
dann ebenso perfekt umzusetzen. Denn wenn Herr Röder weiterhin auf so
hohem Niveau kocht, wird er bald von den Kölnern komplett überrannt
werden.
Neben dem schon oben beschriebenen, herrlich duftenden frischgebackenem
Sauerteigbrot, welches uns zusammen mit Fassbutter und Salz hingestellt
wurde, bestellten wir zunächst einen Hugo, der perfekte frische
Holunderwürze aufwies und tadellos schmeckte.
Als beeindruckenden Auftakt stellte man uns eine Komposition aus Pilzen
hin: einen Pilzsalat mit winzigen Pilzstückchen, grünes Bruscetta, was
sich als luftiger Kräuterschaum herausstellte, eine würzige Pilzconsommé,
eine gegrillte Pilzscheibe und Pilzpanacotta, das aus einem halben Pilz
aus Pannacottagelee geformt war. Eine gelungene Zusammenstellung, die
uns schon ahnen ließ, dass Herr Röder bodenständige Zutaten folgen
lassen würde und sich auf die Fahne geschrieben hat, aus regionalen
Zutaten Raffiniertes zu zaubern, ohne der einzelnen Zutat den Charakter
zu nehmen.
Als nächstes Amuse geule wurde eine Gazpacho in hübschen Tellern
gereicht, die aus einer delikaten Suppe mit kleingehacktem Gemüse und
einer Borretschblüte auf Tomatengelee wie ein perfekter Sommerausklang
schmeckte.
Zum 1. Gang wurde uns ein Grauburgunder Ihringer Winklerberg von
Dr.
Heger gereicht, der einen leicht mineralischen Abgang hatte und perfekt
zur "Makarele" (Makrele, Zitrone, Birne, Koriander, Polenta) passte. Die
leicht geräucherte Makrele lag auf Birnenkompott, Korianderpolenta mit
Zitronenschaum, Gelee von der Zitrone und Sorbet aus Panna Cotta.
Feinster Makrelengeschmack gepaart mit leichtestem Schaum und frischem
grünem Korianderpolenta, das war wie der Auftakt eindeutig Röders
Handschrift. Leicht, harmonisch, gelungene Zusammenstellung.
Zum 2.Gang wurde uns ein 2014er Weißer Burgunder Johannes K. vom
Weingut Korrel gereicht, der eine herbstfruchtige Note hatte und
wiederum tadellos zum " Pistou" (Estragong, Kerbel, Sherry, Herzbries)
passte.
Feinstes Süppchen mit gebratenem Bries auf winzigen Kirschperlchen,
versetzt mit duftigem Kerbel- und Estragongeschmack. Gelungen
komponiert.
3. Gang. "Carabiniero" (Königsgarnele, Erbse, Minze, Lardo,
Brathähnchen). Der Kaisergranat war auf den Punkt gegart, saftig und
frisch. Lardo, Ingwerschaum, dunkle, gehaltvolle, aber trotzdem leichte
Hähnchensoße, Erbsensprossen, Minzepüree aus Zuckerschoten, Minzspray
und obendrauf zwei Baiserzitronentupfer. Ausgewogener Geschmack, alles
passte hervorragend zusammen.
Zum berühmten 4. Gang, dem "Herrengedeck" (Ochsenschwanz,
Sellerie,
Apfel) wurde ein Le Difese Sangiovese aus der Toskana gereicht. Das
Herrengedeck ist DIE Erfindung des Herrn Röder und wenn man sich als
Gast vielleicht an nichts mehr erinnern sollte, was man alles verdammt
Gutes bei ihm gegessen hat, dieses Herrengedeck kann kein Gast aus
seinem Gedächtnis verdrängen. Man bekommt einen riesigen Cognacschwenker
hingestellt, der dunklen aromatischen Sud von Ochsenschwanz enthält und
natürlich fast die Farbe von Cognac hat. Und man erhält einen schweren
schwarzen Glasaschenbecher, auf dem eine Zigarre liegt. Dann wird
Sellerie-Apfelpulver angezündet, damit sich feiner Apfelgeschmack
verbreitet und in die Zigarre gebissen, die aus hauchdünnem Filoteig,
gefüllt mit saftigem, kräftigem Ochsenschwanzfleisch gestopft ist.
Köstlich und eine herrliche Idee, sich die Zigarre zu Gemüte zu führen
und dazu schlückchenweise den Ochsenschwanzsud aus dem Cognacschwenker
zu schlürfen. Eine wirklich einprägsame hervorragende Erfindung des
Kochs, der uns später berichtete, dass er an einem Pendant zum
Herrengedeck experimentiert, dem Damengedeck. Man darf wirklich gespannt
sein, was ihm dazu einfallen wird.
5.Gang "Ross-Beef" (Pferdefilet, Radieschen, Navette, Sellerie,
Majoran)
Uns wurde zartestes Filet gereicht, versehen mit frischen
Apfelstückchen, Teltower Rübchen, püriertes Radieschen, Zwiebel und
kräftiger Soße. Auch hier zeigte sich wiederum, dass es Herr Röder
versteht, seine eigene Note deutlich zu machen. Regionales neu
komponiert, aber doch immer noch so bodenständig, dass die Zunge jede
Zutat herauszuschmecken vermag.
6. Gang "Ziege im Weinberg" (Buchette de Chèvre, 3erlei vom
Pfirsich, Kapuzinerkresse). Einen Wein nahmen wir ab diesem Zeitpunkt
nicht mehr dazu, weil am nächsten Tag ja leider noch der Gerichtstermin
anstand.
Gerne hätten wir zu diesem Gang noch etwas Passendes getrunken. Es lag
also nicht am aufmerksamen Service, dass hier kein weiterer Wein
aufgezeigt wird. Der Pfirsich kam gedämpft, eisig gehobelt, als geeister
Pfirsichsaft zu uns, gepaart mit vollmundigem Ziegenkäse mit Asche und
eher unauffälligen Kapuzinerkresseblättern. Wiederum war alles gut
aufeinander abgestimmt und harmonierte. Im Vergleich zu den anderen
Gängen, die allesamt exakt gesetzte Zutaten vorwiesen, war dies eher ein
etwas schlumpfiger 6. Gang, was dem Geschmack nicht schadete, aber doch
optisch etwas irritierte.
7. Gang "Luftikuss" (Weiße Luftschokolade, Weizengras, Erdnuss).
Was für ein hochinteressanter letzter Gang, wobei, wie gleich
nachfolgend zu lesen sein wird, dies mitnichten der letzte Gang war. Wir
erhielten einen ca.
10 Zentimeter hohen Turm aus geeister großporiger weißer Schokolade.
Sobald die Zunge die Schokolade berührte, war sie schon verschwunden.
Erklären kann ich es nicht, wie dieser Effekt zustande kam. Die
Bezeichnung Luftikuss war mehr als passend. Der Schokoladenturm stand
auf einer säuerlichen Masse, die mit Erdnussstückchen und
Weizengrastupfern verziert war. Sehr gelungener Abschluss.
Dachten wir und staunten wirklich nicht schlecht, als die Bedienung
einen antiken weißen metallenen Krankenhauswagen herein zog. So eine Art
zwei-etagigen Servierwagen, auf dem früher vermutlich die OP-Bestecke
drapiert waren. Der Chef, so die Bedienung, hatte diesen Wagen lange im
Internet gesucht und selbst die Räder anmontiert. Und auf diesem Gefährt
befanden sich nun jede Menge Kleinigkeiten, deren Behältnisse und
Verpackungen an ein Krankenhaus erinnern sollten, aber alle mit
Leckereien gefüllt und versehen waren. Ich muss gestehen, dass ich so
gesättigt war, dass ich nur noch eine Kleinigkeit, eine sehr originell
im Reagenzglas verpackte saftige Birnen-Gurkenmischung nahm, aber dann
"leider" streiken musste. Es ging wirklich nichts mehr rein.
Bedauerlich, dass die Siegburger Richterin immer nur montags ihre
Verhandlungstage abhält, da hat das Bembergs Häuschen geschlossen, was
dem kreativen Oliver Röder von Herzen gegönnt sei, sich auch einmal
nicht an den Herd stellen zu müssen. So aber wird es wohl noch eine
kleine Weile dauern, bis wir uns wieder solch ein schönes
Gourmeterlebnis bei ihm gönnen können.
Genussanwältin
Burg Flamersheim
53881 Euskirchen
(Anfahrt über Sperberstraße)
Tel. 02255 – 94 57 52