Aqua (Wolfsburg)

 

Wie in der Sternegastronomie üblich, wird auch im 'Aqua' keinen Wert auf Laufkundschaft gelegt - man ist über Wochen und Monate ausgebucht. Das Restaurant findet sich in der Autostadt, hinten links im Hotel Ritz-Carlton, außen finden sich keinerlei Hinweise darauf.


"Lässig-elegante Kleidung" lautete die Empfehlung, einige Gäste schienen im April 2022 aber direkt vom Arbeitsplatz an der Müllsortierungsanlage zu kommen. Vielleicht waren es auch Künstler. Man hat einen schönen Blick auf die Aller und auch auf den Rasenroboter:


Die Bedienung zeigte sich sehr sachkundig und freundlich, die Getränkepreise waren für ein Haus dieser Klasse angemessen: Ein nach Dekantierung hochklassiger Viña de Martín Escolma 2016 schlug mit 130,- € zu Buche.


Statt klassischer Grüße aus der Küche bietet man im "Aqua" lieber "Einstimmungen" genannte Kleinigkeiten:

Karamellisierte Kalamata Olive, der signature dish des Hauses. Zwar karamellisiert, aber am Ende dominierte doch die Sardellensalzigkeit. Spannend.


Sauerfleisch, Weißkohl & Remoulade - eine Geschmacksfülle wie einst bei Omas Sonntagsgericht, hervorragend zusammengefasst für einen einzigen herzhaften Bissen, sehr schön!


Aubergine, Miso & Tofu überraschte als kleiner, schmeichelnder  Würzhappen, der selbst militante Auberginenhasser konvertieren lassen dürfte.

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Der Heilbutt „geräuchert & gebeizt“ kam als sehr gelungene Vorspeisenvariation daher, überraschend leichtgewichtig mit sanftem Raucharoma:



Das eigentliche Menü lockte mit dem Titel 'Meine Verbundenheit' (210,- €). Da wir uns für eine marinierte Bretonische Makrele samt Sauce Chimichurri nicht erwärmen konnten, wählten wir aus dem anderen Menü ('Neues entdecken') "Gänseleber, Mandarine, Yuzu & Schokolade". Ein sehr komplexes Highlight, das die Grenze zur Göttlichkeit locker überschritten hätte, wäre die Leber nicht etwa 5°C zu kalt gewesen. Das Spiel zwischen den Aromen hätte nicht perfekter austariert sein können:


Das im Sojasud etwa fünf Minuten pochierte Eigelb mit Champignon, Mais & schwarzem Knoblauch sollte laut Bedienung zwar enorm viel umami mitbringen, sah auch hübsch aus auf dem Teller, bot aber der Zunge nicht mehr als ein leckeres, warmes Eigelb:


Spannend klang auch Schweinebauch vom Holzkohlegrill mit Neubokler Spargel „Barbecue“ - aber überzeugend kam nur der leicht angekohlte, auf den Punkt gegarte und spritzige Spargel daher. Der Schweinebauch selbst war nur ein unknuspriges, fettes Schlabberstückchen, da hatten wir uns wirklich mehr erhofft:

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Entschädigung folgte auf dem Fuße: Einfach genial die Brust von der Miéral Taube mit Spitzmorcheln & Blattspinat - wunderbar zartes, fein gewürztes und hocharomatisches Fleisch (Brust&Herz), umgeben von einem himmlisch-weich-vollmundigen Taubenjus, von dem wir keinen einzigen Tropfen in der Karaffe übrig ließen. Überragendes Niveau in jeder Hinsicht!


Rohmilchkäse vom Wagen bot dann eine feine Auswahl von mild bis sehr scharf (Blauschimmel), absoluter Höhepunkt war jedoch ausgerechnet ein Gouda - einer allerdings, der volle fünf Jahre lang reifen durfte. Man konnte ihn eigentlich nur lutschen, er hatte etwas von einem karamelligen Bonbon. Die rote Farbe stammt wohl von zugesetzten Blütenpollen. Ein Knaller!


Das Champagner Cremesorbet „Edition Ruinart Rosé“ kam als zarter Gaumenschmeichler daher, sehr feinporig und filigran im Aroma.

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Durchaus nicht ohne ordentliche Schärfe kam "Joghurt mit Sesam Raz El Hanut & Granatapfel" auf den Tisch, eine gewagte Komposition aus Säuerlichkeit, Süße und eben der erwähnten Schärfe - sehr gelungen!


Weniger überzeugen konnte das optisch ansprechende "Süße Finale" aus Johannisbeere, Fichte, Buchweizen & Konfettibuschbrand.

Was sich toll liest und beim Flambieren auch ordentlich Eindruck schindet, zeigte sich nicht als Offenbarung, sondern nur als leicht süßliche Creme mit schwachem Aroma in Richtung Fichtenrauch. Glücklicherweise hatten wir einen unfassbar feinen Berliner Geist "Sizilianische Mandarine" dazu geordert.


Über das süße Finale trösteten uns dann die wirklich grandiosen Pralinen hinweg.


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Mitte Oktober 2025 war es mal wieder Zeit für einen Besuch im 'Aqua' - und er hat sich gelohnt: Bestens gelaunte, professionell agierende Mitarbeiter kredenzten ein rundum hochklassiges Menü in entspannter Umgebung. Es hörte auf den Namen 'Champagnerlaune' (240 € inkl. Getränke) und wird nur gelegentlich angeboten.

 

Passendes, gut abgestimmtes Begleitgetränk war der namensgebende Champagner von Ruinart.
Schon die Einstimmungen nach dem Brot (u.a. vom Hamburger 'Gaues') fielen sehr überzeugend aus, namentlich 'Karamellisierte Kalamata Olive, Pommes soufflées & Zitronenkaviar', gefolgt von 'Spargel, Erdnüsse & Erdbeeren' und der grandiosen 'Makrele, Aji Amarillo & Salatessenz':

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Das eigentliche Menü eröffnete die Vorspeise 'Gänseleber “Orientalisch", Gewürz-Cracker mit Purple-Curry & Apfel-Relish mit Granatapfel' - ein himmlischer Genuss, der vom typischen Gegensatz schmelzende Gänseleber - erfrischende Fruchtigkeit lebte. Der Gewürz-Cracker war optisch eine Notwenigkeit, vom Aroma her verzichtbar. Vielleicht hätte ihm ein wenig mehr Schärfe gut getan:


Von gerade zu unfassbarer, allerfeinster Qualität kam der 'Sicher Saibling und sein Kaviar, Rettich "Red Meat", Rauchmandeln & Schnittlauch' auf den Tisch. Eine bemerkenswert runde und vollmundige Komposition, an der auch erklärte Fischfeinde ihre Freunde haben dürften:


Vor gut einem halben Jahrhundert gehörten Tauben noch zu den alltäglichen Nahrungsmitteln, inzwischen sind sie von den Speisekarten fast verschwunden. Um so erfreulicher diese trotz Röstaromen zarte 'Mieral Taubenbrust, Kumquat & Kokos', die wir in so hoher Produkqualität und auf die Sekunde gegart noch nie zuvor bekommen haben. Ein echter Traum für den Gaumen!



Das Champagner Cremesorbet „Edition Ruinart Rosé“ kam wie vor drei Jahren als zungenschmeichlerische Wonne auf dem abgetrennten Boden einer Champagnerflasche daher, serviert wieder mit dem passenden Prickeltrunk:



Ein hübsch angerichtetes'Süßes Finale' war insgesamt deutlich weniger süß als erwartet. Ungewohnt, aber gelungen. Es bestand aus 'Kirsche & weisse Schokolade, Portwein & schwarzer Kardamon' sowie aus 'Himbeer, Limette & Joghurt'. Zum Abschluss folgten frei zu wählende, gar köstlich aromatische Pralinen.


Zum Mitnehmen bekamen wir neben der Speisekarte dann noch eine handsignierte Miniflasche Chardonnay, eine sehr nette Geste.
Insgesamt: Unbedingt eine Empfehlung!

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Aqua
im Hotel THE RITZ-CARLTON, Wolfsburg
Parkstr. 1
38400 Wolfsburg
Tel. 05361 - 607000

 

 

 
 
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